Verteidigung
„Es war schon als Kind mein Traum,
Soldat zu werden.“
Verteidigung
„Es war schon als Kind
mein Traum,
Soldat zu werden.“
Wer verteidigt unser Land? Das Zentrum für Militärgeschichte und Sozialwissenschaften der Bundeswehr führt sozialwissenschaftliche Studien über die Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr durch – mit teils überraschenden Ergebnissen.
Text: Martin Elbe
Wer verteidigt unser Land? Das Zentrum für Militärgeschichte und Sozialwissenschaften der Bundeswehr führt sozialwissenschaftliche Studien über die Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr durch – mit teils überraschenden Ergebnissen.
Text: Martin Elbe
Wir leben in unruhigen Zeiten. Krieg findet in Europa statt – und auch in Deutschland rückt das Militär wieder stärker ins Bewusstsein der Öffentlichkeit. Bei der Bundeswehr arbeiten aktuell mehr als 262 000 Menschen, in mehr als 1000 Berufen, in militärischen und zivilen Tätigkeitsfeldern. 69 Prozent der Menschen bei der Bundeswehr sind Soldatinnen und Soldaten. Allerdings gehört ein Großteil von ihnen nicht zu den Kampftruppen, sondern ist in technischen Berufen, im Sanitätswesen, in der Logistik, in Planungs- oder Führungsprozessen tätig.
In diesem Kontext fragen sich viele Menschen: Wer verteidigt im Zweifel unser Land? Wer sind die Soldatinnen und Soldaten in der Bundeswehr? Warum bewerben sie sich? Und vor allem: Was motiviert sie? Zu diesen Themen forschen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Zentrums für Militärgeschichte und Sozialwissenschaften der Bundeswehr in Potsdam.
1. Wer verteidigt im Zweifel unser Land?
Antworten auf die Frage, wer hierzu bereit ist, bietet die letzte Bevölkerungsbefragung von 2022, in der das sicherheits- und verteidigungspolitische Meinungsbild in Deutschland untersucht wird. 60 Prozent der Befragten sind zwar der Meinung, dass die Bundeswehr für junge Menschen generell ein attraktiver Arbeitgeber sei, aber nur 33 Prozent derjenigen, die bis zu 50 Jahre alt sind, beziehen das auf sich selbst. Und auch hier muss weiter differenziert werden: Bei den unter 50-jährigen Befragten, die noch nicht bei der Bundeswehr tätig waren, würden 22 Prozent eine zivile Tätigkeit bei der Bundeswehr übernehmen, aber nur 10 Prozent wären selbst bereit, Soldatin oder Soldat zu werden. In der aktuellen Situation ist es also nur ein kleiner Teil der verteidigungsfähigen Bevölkerung, der die Bundeswehr als ein mögliches Tätigkeitsfeld betrachtet und der damit zur Verteidigungsfähigkeit des Landes beitragen würde. Dies gilt insbesondere für den Anteil der Frauen an den Interessenten bei der Bundeswehr – dieser sinkt seit Jahren.
2. Wer sind die Soldatinnen und Soldaten in der Bundeswehr?
Dazu gibt die aktuelle Bewerberstudie von 2023 Hinweise. Zu einem großen Teil bewerben sich junge Menschen unter 30 Jahren; sie sind im Bewerbungsverfahren auch erfolgreicher als ältere Bewerber und Bewerberinnen. Allerdings sind nur 14 Prozent derjenigen, die eine Bewerbung bei der Bundeswehr einreichen, weiblich. Die Interessenten kommen aus ganz Deutschland, mit einem höheren Bewerberanteil aus Westdeutschland, vor allem aus Nordrhein-Westfalen, und einem niedrigeren Bewerberanteil aus Süddeutschland, insbesondere aus Bayern. Der Anteil der Bewerberinnen und Bewerber aus Ostdeutschland entspricht dem Bevölkerungsanteil dieser Länder. Das Bildungsniveau derjenigen, die sich bei der Bundeswehr bewerben, liegt deutlich über den Vergleichszahlen der deutschen Gesamtbevölkerung; sie kommen zum überwiegenden Teil aus einem idealistischen Milieu der oberen Mittelschicht und der Mittelschicht.
Werbung um Nachwuchs: Ausstellung im Frachtraum eines Militärflugzeugs A400M auf der ILA in Berlin.
Bundeswehrangehörige wollen als Individuen wahrgenommen und entsprechend gefördert werden.
3. Warum bewerben beim Militär?
Für die Bewerberinnen und Bewerber spielt ihr soziales Umfeld eine große Rolle – ihre Familie, Freunde und die Partnerin oder der Partner sind der Bundeswehr gegenüber in der Regel aufgeschlossen. Wichtig für die Bewerbung ist ein grundsätzliches Interesse am Militär als Arbeitgeber.
Mehrere Befragte formulierten im offenen Teil der Datenerhebung, dass sie schon seit ihrer Kindheit interessiert seien – exemplarisch das Zitat eines Befragten: „Es war schon als Kind immer mein Traum, Soldat zu werden.“ Die zentralen Motive für die Bewerbung bei der Bundeswehr sind das Interesse am Arbeitgeber, der Wunsch, Deutschland zu dienen, eine vermutete Übereinstimmung der eigenen Werte mit denen des Arbeitgebers und die Suche nach individuellen Herausforderungen. Natürlich spielen auch existenzielle, vor allem monetäre Interessen eine Rolle, doch diese treten deutlich hinter die idealistische Orientierung der Befragten zurück. Im Hinblick auf ihre Karriereaussichten werden Laufbahnmöglichkeiten, Bildungsangebote, die eigene Weiterentwicklung und die konkrete Tätigkeit, beispielsweise als Sanitäter oder Pilotin, angeführt.
Die Bewerberstudie macht deutlich, dass eine leistungsbereite und anspruchsvolle Klientel den Großteil der Bewerberinnen und Bewerber ausmacht. Allerdings bewerben sich zu wenig Interessierte für einfachere Tätigkeiten im Bereich der Mannschaftsdienstgrade und der Unteroffiziere ohne Portepee.
4. Was motiviert die Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr?
Bei der Motivation der uniformierten Bundeswehrangehörigen in ihrer weiteren Karriere ist die Bedürfnislage differenziert. Vergleichende Untersuchungen nach Dienstgradgruppen von 2019 zeigen, dass für Mannschaften sowie für Unteroffiziere ohne Portepee existenzielle Bedürfnisse im Vordergrund stehen. Für die Bundeswehr bedeutet dies: Die Anreizkompetenz der Soldatinnen und Soldaten sind so zu fördern, dass sie Wachstumsbedürfnisse (Kompetenzerwerb, selbstständige Aufgabenbewältigung, Karriere) als relevant erleben und in ihr alltägliches Lernkonzept integrieren.
Die ranghöheren Unteroffiziere (mit Portepee) werden in besonderem Maße durch soziale Bedürfnisse motiviert und müssen dabei immer wieder die eigene Führungsrolle reflektieren und dies mit den eigenen Karriereerwartungen sowie dem Spannungsverhältnis zwischen Dienst und familiären Verpflichtungen in Übereinstimmung bringen. Für Offiziere haben die Wachstumsbedürfnisse eine hohe Bedeutung, allerdings stellen auch bei ihnen die Belastungen des Dienstes im Spannungsfeld mit der Familie eine berufliche Herausforderung dar.
5. Individuelle Entwicklung im Mittelpunkt
Auch wenn es verallgemeinerbare Forschungsbefunde gibt, so bleiben die Einzelnen doch Menschen, die in ihrer Individualität wahrgenommen und auch im Dienstalltag gefordert und gefördert werden wollen. Aus Sicht des Personalmanagements bedeutet dies aber nicht, dass eine totale Individualisierung der Entwicklungsangebote notwendig wäre. Vielmehr erscheint eine differenzielle Personalentwicklung sinnvoll, die flexible Angebote für Gruppen etwa nach Lebensphase, Dienstgradgruppe und eigenem Entwicklungsinteresse macht. Damit lässt sich vermeiden, dass aus dem Traum, Soldat oder Soldatin zu werden, ein Albtraum wird.
Martin Elbe forscht am Zentrum für Militärgeschichte und Sozialwissenschaften der Bundeswehr über Militärsoziologie, Sozialpsychologie und verstehende Forschungsmethodologie. Der Soziologe ist Vorstandsvorsitzender des Arbeitskreises Militär und Sozialwissenschaften.
Martin Elbe forscht am Zentrum für Militärgeschichte und Sozialwissenschaften der Bundeswehr über Militärsoziologie, Sozialpsychologie und verstehende Forschungsmethodologie. Der Soziologe ist Vorstandsvorsitzender des Arbeitskreises Militär und Sozialwissenschaften.
Zehn Jahre nach den Enthüllungen von Edward Snowden hat sich -an der Abhörpraxis der Geheimdienste nichts geändert.
Wie unkompliziert war doch die Blockbildung im Kalten Krieg. Heute machen viele verschiedene Kraftzentren die internationalen Beziehungen aus. Doch der liberale „Multilateralismus“ ist etwas völlig anderes als die multilaterale Welt der chinesischen und russischen Herrscher.
Gründerinnen und Gründer aus dem Ausland und Erwerbstätige mit Migrationshintergrund sind für Deutschland ein Gewinn. Dennoch müssen sie besonders viele Hindernisse überwinden, wenn sie unternehmerisch aktiv werden wollen.