JUNGE KOLUMNE
Die Berufsaussichten für Chinas Jugend verdüstern sich.
Text: Felix Langrock
JUNGE KOLUMNE
Die Berufsaussichten für Chinas Jugend verdüstern sich.
Text: Felix Langrock
Mit mehr als 20 Prozent erreichte die Arbeitslosigkeit der 16- bis 24-Jährigen in China im Juni 2023 ein neues Rekordniveau. Daraufhin setzte die Regierung in Peking die Veröffentlichung der Daten für die Zukunft aus. Begründung: Die Berechnungsmethode der Jugendarbeitslosigkeit müsse neu bewertet werden.
Zwar lag die Arbeitslosigkeit in der gesamten Gesellschaft im Juli bei lediglich rund fünf Prozent. Doch gerade die Generation, die vom erarbeiteten Wohlstand zu profitieren scheint, kämpft nun damit, die Weichen für ihr künftiges Leben zu stellen – und somit ihren eigenen Anteil am Wohlstand zu erhalten. Was aber ist der Grund für diese drastische Not?
Vor allem das Angebot und die Nachfrage auf dem chinesischen Arbeitsmarkt haben sich verändert. Die Industrie sucht insbesondere Fabrikarbeiter und Ingenieure. Hochschulen und Universitäten aber bilden zumeist Programmierer und Betriebswirte aus. Eine Analyse der Investmentbank Goldman Sachs verdeutlicht die Diskrepanz: Im Zeitraum von 2018 bis 2021 verzeichneten die Bereiche Sport und Pädagogik einen Anstieg der Absolventenzahlen um mehr als 20 Prozent, gleichzeitig verringerte sich jedoch der Bedarf an diesen Fachkräften. Es scheint, als würden Unmengen junger Chinesen und Chinesinnen einfach blind in die vermeintlichen Zukunftsbranchen der vergangenen Zwanzigerjahre strömen.
Junge Chinesen und Chinesinnen strömen blind in die vermeint-lichen Zukunfts-
branchen der Vergangenheit.
Das Dilemma hat Einzug in das chinesische Lebensgefühl der Generation Z gehalten: Radikaler Ausbeutungswettbewerb ist das Motto – und das chinesische Schriftzeichen 코얩. Die Menge an hoch qualifizierten Absolventen übersteige schlicht das Angebot an hoch angesehenen Karrieremöglichkeiten, meint der am Max-Planck-Institut in Halle tätige Professor Xiang Biao. Doch auch der Wettbewerb innerhalb der Generationen habe sich verändert. Strebten früher die Jungen danach, der Beste zu sein, gehe es heute darum, nicht als „Schlusslicht […] von allen realistischen Chancen auf ein gutes Leben ausgeschlossen zu werden“, beschreibt Xiang Biao. Die Angst vor dem Abstieg und nicht mehr der Ehrgeiz zum Aufstieg treibt die Studierenden an.
Die Folgen dieses Wettbewerbs sind unübersehbar. Junge, gut ausgebildete Uniabsolventinnen und -absolventen finden sich etwa immer häufiger in schlecht bezahlten Jobs wieder. Laut Stanford-Professor Scott -Rozelle betrug das Verhältnis zwischen Jobs im informellen und formellen Sektor vor 15 Jahren noch 40:60. Heute ist dies andersherum. Das hat auch ökonomische Folgen, denn junge Menschen steuern in China 20 Prozent der Ausgaben in urbanen Gegenden bei. Zusammen mit den unter 35-Jährigen sorgen sie bisher für rund 60 Prozent der Ausgaben für Luxusgüter.
Daher verlangen die verdüsterten Perspektiven eigentlich nach umfassenden Maßnahmen, um Ausbildung und Fachkräftebedarf wieder in Einklang zu bringen. Doch von dem Versuch, die chinesische Generation Z dazu zu ermutigen, ihre Talente in verschiedenen Sektoren zu entfalten, statt sich allein auf vermeintlich lukrative Branchen zu stürzen, ist das Land noch weit entfernt. China gelingt es nicht, eine vielversprechende Zukunft für die jungen Menschen zu schaffen, in der sie ihr Potenzial voll -ausschöpfen können.
Felix Langrock studiert Rechts-wissenschaften am King’s College in London.
Felix Langrock studiert Rechts-wissenschaften am King’s College in London.
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