Digitaler Euro

Bargeld Plus,
so schnell
wie möglich

Bar, digital oder per Dienstleister –
bei der Wahl ihres Zahlungsmittels haben die Menschen mit digitalen Währungen noch
mehr Freiheit. Es gibt gute Gründe, den digitalen
Euro möglichst bald einzuführen.

Text: Sven Hilgers

Digitaler Euro

Bargeld Plus, so schnell wie möglich

Bar, digital oder per Dienstleister – bei der Wahl ihres Zahlungsmittels haben die Menschen mit digitalen Währungen noch mehr Freiheit. Es gibt gute Gründe, den digitalen Euro möglichst bald einzuführen.

Text: Sven Hilgers


Die meisten Zentralbanken auf der Welt arbeiten an einer digitalen Entsprechung ihrer Währung. Insgesamt sind 130 Länder in verschiedenen Entwicklungsphasen für digitales Zentralbankgeld. Lediglich eine Handvoll Staaten hat bereits die digitale Währung auf den Weg gebracht. Dazu gehören Nigeria mit dem eNaira und die Bahamas mit dem Sand Dollar.

Die Europäische Zentralbank (EZB) hat 2020 damit begonnen, digitales Zentralbankgeld für die Eurozone zu erforschen. Im Oktober 2021 startete die Bank eine zweijährige Evaluationsphase, an deren Ende nun bald die Entscheidung über die Einführung des digitalen Euros stehen sollte. In der Zwischenzeit hat die Europäische Kommission Ende Juni 2023 Regulierungsentwürfe vorgelegt, um den Weg zu einem digitalen Euro zu begleiten. Erstmals wird in Brüssel über einen Rechtsrahmen und das konkrete Design der neuen Währungsform diskutiert.

Mit dem Regulierungspaket will die EU-Kommission einerseits die Nutzung von Bargeld auch in Zukunft sicherstellen, zum anderen die Nutzung von digitalem Zentralbankgeld sowohl on- als auch offline ermöglichen. 

 Für die Zentralbanken wird es zum Problem, wenn die Menschen weniger Bargeld nutzen. 

Die Entwicklung eines digitalen Euros ist nicht unumstritten. Geschäftsbanken fürchten um ihre zentrale Stellung im Finanzsystem. Auch gibt es Stimmen, die von der Notwendigkeit eines digitalen Euros nur mäßig überzeugt sind. Denn wenn dieser digitale Euro offline wie Bargeld funktioniert und online ähnlich wie private Zahlungsanbieter, warum sollte die EZB überhaupt eine digitale Version des Euros entwickeln? 

Dafür ist es zunächst wichtig zu verstehen, mit welchem Geld die Menschen im Alltag zu tun haben. Geld auf einem Girokonto und damit das Geld, mit dem normalerweise digital gezahlt wird, ist mit Bargeld nicht vergleichbar. Münzen oder Banknoten stellen einen Anspruch gegenüber der Zen-tralbank dar und gelten daher als ausfallsicheres Zahlungsmittel. Das Bankguthaben ist dagegen ein Anspruch gegenüber einer Geschäftsbank.

Der Rückgang bei der Nutzung von Bargeld stellt Zen-tralbanken und Handel daher gleich vor mehrere Herausforderungen. Die Nutzung digitaler Zahlungsmodelle setzt einen Dienstleister voraus, der als Intermediär eine zentrale Stellung in den Transaktionen einnimmt und Gebühren dafür verlangen kann. Für Händler heißt das, dass elektronische Zahlungen häufig teurer sind als solche mit Bargeld.

Infrastruktur schrumpft

Aus Sicht der Zentralbanken ist die abnehmende Bedeutung von Bargeld aus zwei Gründen problematisch. Zum einen schrumpft die Infrastruktur für Bargeldzahlungen, weshalb es schwieriger wird, für die Bevölkerung auch im Krisenfall Zugang zu ausfallsicherem Zentralbankgeld zu gewährleisten. Das ist ein Szenario, das etwa die schwedische Zentralbank frühzeitig zur Erforschung von digitalem Zentralbankgeld veranlasst hat. In Schweden nutzten zwischenzeitlich nicht einmal zehn Prozent der Bevölkerung Bargeld, fast der gesamte Zahlungsverkehr erfolgt über Intermediäre.

Zum anderen birgt die Digitalisierung des Zahlungsverkehrs in Kombination mit der Verbreitung digitaler Währungen etwa in Form von Kryptowerten wie Bitcoin, StableCoins wie USD Coin oder dem digitalen Zentralbankgeld anderer Staaten wie dem digitalen Renminbi (eRMB) in China die Gefahr eines Rückgangs der Euro-Nutzung im Euroraum. Diesen Effekt gibt es bisher vor allem in Entwicklungs- und Schwellenländern, in denen die Währung zu instabil ist und insbesondere auf den US-Dollar ausgewichen wird. In solchen Ländern könnte eine digitale Dollarisierung durch die einfachere Verfügbarkeit von digitalen Versionen zum Problem werden.

 Der digitale Euro bietet dank des EU-Binnenmarkts die Chance, globale Entwicklungen zu steuern.

Der Euro ist bereits eine der stabilsten Währungen der Welt, und so würde auch seine digitale Version mit dem entsprechenden Design eine Dominanz anderer Währungen im Euroraum verhindern. Nach den Plänen der EU-Kommission bedeutet der digitale Euro für die Konsumenten vor allem mehr Wahlfreiheit: Sie können mit dem digitalen Euro bargeldlos oder weiterhin mit Scheinen und Münzen zahlen, aber auch auf Zahlungsdienstleister zurückgreifen, wenn das bequemer ist.

Zentral für diese Wahlfreiheit ist, dass der digitale Euro nur als Ergänzung und nicht als Ersatz für Bargeld eingeführt wird. In den Befragungen und Beteiligungsverfahren von Kommission und EZB haben viele Bürgerinnen und Bürger darauf auch höchsten Wert gelegt. Sie wollen auch weiterhin mit Bargeld zahlen und mit dem neuen digitalen Euro möglichst anonym zahlen können. Diese beiden Anliegen sind mit der Offline-Verwendung und den Vorgaben für Datensparsamkeit beim Offline-Bezahlen in dem Rechtsrahmen bereits berücksichtigt.

Ähnlich wichtig für die Nutzung des digitalen Euros als Äquivalent zum Bargeld dürfte auch die Frage der Programmierbarkeit sein. Digitale Währungen können theoretisch so programmiert werden, dass sie nicht für bestimmte Güter eingesetzt werden können oder dass auf sie Zinsen in bestimmter Höhe anfallen. Eine solche Programmierbarkeit stünde allerdings im Widerspruch zum Charakter des Bargelds. Aus dem Grund hat die Europäische Kommission einen programmierbaren Euro ausgeschlossen und befindet sich so im Einklang mit der EZB und der Eurogruppe, also der zuständigen Gruppe der Finanzministerinnen und Finanzminister der EU.

Digitale Dollarisierung

Dennoch nimmt die EU beim digitalem Zentralbankgeld bislang keinen Spitzenplatz ein, sondern hinkt mit dem bisherigen Zeitplan anderen Währungsräumen eher hinterher. Aufgrund seiner Bedeutung als zweitwichtigster Reservewährung droht dem Euro zwar in naher Zukunft keine „digitale Dollarisierung“, also Konkurrenz oder Dominanz fremder Währungen im eigenen Währungsgebiet. Die Kommission begründet die Einführung des digitalen Euros zu Recht aber auch mit monetärer Souveränität. Einerseits geht es darum, sicherzustellen, dass der Euro Zahlungsmittel und vor allem Recheneinheit in der Eurozone bleibt. Andererseits geht es auch um konkrete geoökonomische Ziele.

Denn jetzt werden die Standards für das neue Währungszeitalter gesetzt. Nun muss der Brüsseler Effekt genutzt werden, also die Fähigkeit, allein aufgrund der Größe des Binnenmarktes globale Entwicklungen durch Regulierung zu beeinflussen. Insofern bleibt zu hoffen, dass sich die EZB für einen digitalen Euro entscheidet, der Bargeld möglichst ähnlich ist und möglichst bald eingeführt wird. Das bietet den Menschen in der Eurozone mehr Wahlfreiheit beim Bezahlen und sichert der EU Einfluss bei der Gestaltung der Zukunft des Geldes.

Sven Hilgers ist Referent für internationale Finanz- und Wirtschaftspolitik bei der Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit.


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