Fundstück

Die schwierige
Botschaft

Liberale Denker im historischen Rückblick: Karen Horn bringt uns den schottischen Aufklärer wieder näher – und stellt dabei einige Missverständnisse richtig.

Text: Karen Horn


Fundstück

Die schwierige Botschaft

Liberale Denker im historischen Rückblick: Karen Horn bringt uns den schottischen Aufklärer wieder näher – und stellt dabei einige Missverständnisse richtig.

Text: Karen Horn


Vor 300 Jahren kam Adam Smith auf die Welt. (...) Er wurde zu einem der bekanntesten und wichtigsten Denker der schottischen Aufklärung. Erste Berühmtheit erlangte er mit einer bedeutenden moralphilosophischen Schrift, (…) seiner Theory of Moral Sentiments („Theorie der moralischen Empfindungen“). Sie enthält eine damals völlig neuartige Darstellung des Prozesses der individuellen moralischen Urteilsbildung und der damit verbundenen Entstehung eines kollektiven Normenkonsenses. Er feilte an ihr sein Leben lang weiter, wie auch an seiner 1776 erschienenen ökonomischen Schrift, (…) der „Inquiry into the Nature and Causes of the -Wealth of Nations“ (kurz „Wealth of Nations“, -„Wohlstand der Nationen“).

Dieses bahnbrechende Buch entfaltete nicht nur in der Wissenschaft große Wirkung, sondern auch als reformerische Anleitung in der Politik Europas und Amerikas. Mit dieser Resonanz ging freilich eine Aufsplitterung der Smith-Interpretation einher. In der politischen Debatte setzte sich ein stark vereinfachtes, verzerrtes Bild fest, eine Karikatur, gleichermaßen beliebt bei Freund und Feind. Demnach war Smith ein Radikalliberaler, Verfechter des Minimalstaats und des Laissez-faire, Kapitalist avant la lettre und bedingungsloser Freihändler, Erfinder der „Unsichtbaren Hand“, die den individuellen Eigennutz in Gemeinwohl münden lässt, spätestens seit dem Wealth of Nations nicht mehr sonderlich an der Moral interessiert. All das ist falsch, aber so wird Smiths Werk instrumentalisiert und missbraucht, sein Denken verkürzt und verfälscht – in aller Regel von Leuten, die seine Schriften nur oberflächlich kennen, wenn überhaupt.

Georg Simmel: „Die Großstädte und das Geistesleben“, 1903. Suhrkamp, Berlin (2021), 80 Seiten

Adam Smith im Korrekturmodus

Text: Thomas Volkmann

Der Liberalismus in seiner Vielfalt ist schon eine wirklich schwierige Botschaft. Viele begegnen dieser auf möglichst umfassender individueller Freiheit aufbauenden politischen Idee mit Argwohn – in der Angst, dass ein so großes Maß an Freiheit anderen mehr nützen könnte als ihnen selbst. Andere betonen die Unbeschränktheit der Freiheit, tun und lassen zu können, was man wolle, ohne auf andere achten zu müssen. Die einen sehen den Markt als Chance, durch vernünftigen und der Mitmenschen bewussten Gebrauch der eigenen Vernunft ein besseres, freieres und selbstbestimmteres Leben zu führen. Andere dagegen befürchten, von ihren Wettbewerbern über den Tisch gezogen zu werden. Und noch andere wollen ihre schrankenlose Freiheit genau dazu nutzen.

Der Liberalismus ist ein in sich konkludentes und kohärentes Denkmodell, das sich in vielerlei Richtungen interpretieren lässt. Das ist systemimmanent, denn auch Meinungen und Interpretationen stehen zueinander in Wettbewerb, und Liberale arbeiten darauf hin, dass sich die beste Interpretation durchsetzen wird.

Bei der Bewertung Adam Smiths – so weist Karen Horn in ihrer vorzüglichen Ausarbeitung nach – objektiviert sich gerade so einiges. Und auch in der aktuellen politischen Diskussion gibt es noch einiges an Missverständnissen und Fehlinterpretationen zum politischen Liberalismus in Regierungsverantwortung abzubauen.

Thomas Volkmann ist Stellvertretender Leiter des Liberalen Instituts. Er wurde in Bochum geboren und geprägt und hat ein Magisterstudium der Fächer Sozialwissenschaften / Schwerpunkt Politikwissenschaft, Geschichte und Philosophie an der FernUniversität Hagen abgeschlossen.

Thomas Volkmann ist Stellvertretender Leiter des Liberalen Instituts. Er wurde in Bochum geboren und geprägt und hat ein Magisterstudium der Fächer Sozialwissenschaften / Schwerpunkt Politikwissenschaft, Geschichte und Philosophie an der FernUniversität Hagen abgeschlossen.

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