Fundstück
Timothy Garton Ash erzählt seine persönliche Geschichte Europas
Text: Karl-Heinz Paqué
Timothy Garton Ash:
„Europa. Eine persönliche Geschichte“
Hanser Verlag (2023),
448 Seiten, 34 Euro
Fundstück
Timothy Garton Ash erzählt seine persönliche Geschichte Europas
Text:Karl-Heinz Paqué
Timothy Garton Ash:
„Europa. Eine persönliche Geschichte“
Hanser Verlag (2023), 448 Seiten, 34 Euro
Manchmal gibt es Glücksfälle, die niemand bemerkt. So als Timothy Garton Ash, ein britischer Doktorand an der Freien Universität Berlin, 1980 von West- nach Ost-Berlin umzog, um dort zu forschen. Wer konnte ahnen, was daraus werden würde.
Es begann eine großartige journalistische Begleitung der Krise des Sozialismus jenseits des Eisernen Vorhangs, die TGA, wie er liebevoll genannt wird, nicht nur mit Oppositionellen in der DDR, sondern mit den Protagonisten von Solidarno in Warschau und Danzig sowie der Gruppe um Václav Havel in Prag in Verbindung brachte. Er knüpfte Freundschaften mit den führenden Persönlichkeiten des Aufstands gegen die Unfreiheit – und schrieb über deren Kampf, engagiert und tiefernst, fesselnd und humorvoll. Ein journalistisches und literarisches Großtalent. „Ein Jahrhundert wird abgewählt“ – so lautete der deutsche Titel seines Buches über die Ereignisse der Achtzigerjahre, das Anfang der Neunzigerjahre erschien. TGA wurde zum Zeugen dieser Abwahl. Auszeichnungen und Ehrungen gab es zuhauf, in Deutschland erhielt er den renommierten Karlspreis. Jüngst im Alter von fast 70 Jahren folgte sein persönlicher Rückblick auf Europas Nachkriegsgeschichte – aufgeteilt in fünf Kapitel mit den treffenden englischen Originaltiteln: „Destroyed“ (1945), „Divided“ (1961–1979), „Rising“ (1980–1989), „Triumphing“ (1990–2007) und „Faltering“ (2008–2022). Die fünf Kapitel schlagen einen großen Bogen: von der Geschichte seines Vaters, der als britischer Offizier am D-Day in der Normandie landete, bis hin zum Krieg in der Ukraine. TGA, der Romantiker der Freiheit, schildert den Weg Europas von Zerstörung und Teilung über den Aufstand gegen die Diktatur im östlichen Mitteleuropa und den Triumph von Demokratie und Freiheit in den Neunzigerjahren – bis hin zu den jüngsten Rückfällen in schwere Krisen. TGA ist kein Pessimist: Er bezeichnet die jüngsten Krisen als „faltering“, als zögerlich stockend, nicht als „failing“. Also kein Scheitern, aber auch alles andere als ein geradliniger Fortschritt. Doch immerhin eine Geschichte, die für die Zukunft viel Hoffnung lässt.
Thomas Volkmann ist Stellvertretender Leiter und Experte für Wahl-, Meinungs- und Gesellschaftsforschung, Grundlagen des Liberalismus, Zielgruppen- und Umfeldanalyse
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