Geld für Ideen
Die Idee von elektrischen Flugtaxis wird Realität – und deutsche Firmen sind die Ideentreiber. Nur bei der Finanzierung hakt es. Doch weshalb haben Start-ups ab einer gewissen Reife Schwierigkeiten, Geld zu beschaffen?
Text: Matthias Lauerer
Grenzenlose Freiheit: ein VoloCity über Osaka laut Planzeichnung von Volocopter.
Geld für Ideen
Die Idee von elektrischen Flugtaxis wird Realität – und deutsche Firmen sind die Ideentreiber. Nur bei der Finanzierung hakt es. Doch weshalb haben Start-ups ab einer gewissen Reife Schwierigkeiten, Geld zu beschaffen?
Text: Matthias Lauerer
Surrend steigt das Fluggerät der Volocopter GmbH in den blauen Herbsthimmel. In der Mitte der Rotoren thront der Pilot Thomas Senkel auf einem Sportsitz, der mit einem grauen Hüpfball verbunden ist. 90 Sekunden schwebt das Ding in der Luft, dann holt es Senkel wieder zurück auf die Wiese. Mit diesem Erstflug gelingt der deutschen Firma 2011 ein Eintrag ins Buch der „Guinness World Records“. Es ist der Start einer der interessantesten deutschen Flugpioniergeschichten der Neuzeit. Auch erste Startversuche beim Mitbewerber Lilium liegen Jahre zurück. Der strickt auch an einem Flugtaxi.
Obwohl die Wahl zwischen der Partei Recht und Gerechtigkeit (PiS) unter Jarosław Kaczyński und der Bürgerplattform (PO), der größten Gruppierung des Wahlbündnisses Bürgerplattform von Donald Tusk, für viele Menschen wie selbstverständlich erscheint, geben heute in Umfragen kaum mehr als zwei Drittel der Polinnen und Polen an, einer der beiden Parteien ihre Stimme geben zu wollen. Vor den letzten Parlamentswahlen 2019 haben sich noch mehr als 76 Prozent der Befragten für das Duopol ausgesprochen.
Da stellt sich die Frage: Weshalb ist es so schwierig, die passende Finanzierung zu erhalten, wenn ein Start-up eine bestimmte Phase des Wachstums erreicht hat?
Weniger Geld für Ideen
Fragt man dazu Experten und Expertinnen, erntet man dröhnendes Schweigen. Es scheint, als wolle sich zum heiklen Thema niemand äußern. Dann nimmt sich Florian Holzapfel, Professor für Flugsystemdynamik an der TUM School of Engineering and Design, ein Herz und sagt: „Es war ein Hype, und viele Geldgeber wurden von Marktversprechen angelockt, die keiner hinterfragte. Viele Risikokapitalgeber stammten eigentlich aus dem IT-Bereich. Nur ist die Luftfahrt ein ganz anderes Sujet als das, was jene Firmen bisher kannten. Jene Finanziers erkannten nicht, dass es bei Deep Tech, also wenn es um die Herstellung eines neuen Produktes geht, alles viel länger dauert, bis der Return on Investment erfolgt.“ Vor fünf, sechs Jahren habe Volocopter Rahmenbedingungen in Aussicht gestellt, die vom heutigen Produkt sehr weit entfernt seien. Das E-Flugzeug sei schwerer geworden, auch habe der Entwicklungsprozess viel länger gedauert als avisiert und sei teurer gewesen. Holzapfels Fazit: „Damit ist Ernüchterung am Markt eingetreten.“
Die Menschen sind bereit für fliegende Taxen.
Hinzu kommt der massive Rückgang bei der Start-up-Finanzierung. So sank in den USA das Investment in Tech-Start-ups zwischen Frühjahr und Sommer 2022 um 23 Prozent auf 62,3 Milliarden US-Dollar, wie die „New York Times“ schrieb. Auch in Deutschland halbierte sich die Finanzierung durch Risikokapitalgeber bis Dezember 2022 auf 11,4 Milliarden US-Dollar. Davon haben sich der Gründermarkt und jener der Risikokapitalgeber bis heute nicht mehr erholt. Was die deutsche Start-up-Szene betrifft, so äußern sich die Unternehmen gedämpft optimistisch: Während mehr als die Hälfte das Start-up-Ökosystem positiv bewerten, sinkt der Anteil positiver Bewertungen beim Zugang zu Kapital und Investitionen auf ein Drittel, hält der „Deutsche Startup-Monitor 2023“ fest.
Dabei bieten Flugautos und elektrische Senkrechtstarter viel Stoff zum Träumen. Flugautos hoben erstmals in den 1970er-Jahren ab. Im James-Bond-Film „Der Mann mit dem goldenen Colt“ entkommt Schurke Scaramanga dem Geheimagenten 007 per fliegendem „AMC Matador Coupe“. Spektakuläre Senkrechtstarter mit Elektroantrieb – so genannte eVTOL (electric Vertical Take Off and Landing) sind ebenfalls fester Bestandteil in der Requisitenkiste eines jeden Science-Fiction-Films up to date.
Der Markt ist bereit
Nur: Wer will solche Maschinen im echten Leben nutzen? Die Unternehmensberater von McKinsey sehen für diese Gefährte ausgezeichnete Zukunftschancen: „Die Menschen sind bereit für fliegende Taxis. Über alle Regionen hinweg geben mehr als 15 bis 20 Prozent der Befragten an, dass sie sich vorstellen können, auf ein Flugtaxi umzusteigen. Wir denken, dass es weltweit Platz für fünf oder mehr Akteure gibt“, heißt es in einem Report der Berater. Vor allem umweltfreundliche Kurzstreckenflüge könnten so durchgeführt werden: Schließlich entfallen in Amerika acht Prozent der Reisen zwischen 150 und 800 Kilometer auf Flüge, in Europa sind es vier Prozent. Der indische Marktforscher Dataintelo prognostiziert daher einen Markt, der bis 2030 um mehr als 25 Prozent im Jahr zulegt.
Das schlägt sich auch in der Zahl der Firmengründungen nieder: Laut Angaben der Vertical Flight Society haben weltweit bislang mehr als 400 Bewerber eVTOL-Konzepte entwickelt. 50 Prozent aller weltweiten eVTOL-Modelle stammen aus China, Nordamerika folgt mit 18 Prozent, auf Deutschland entfallen acht Prozent, hat die Bank China Merchants Securities ermittelt.
Exits sind gewünscht, weil es nicht mehr so einfach ist, an Kapital zu kommen.
Die digitale Plattform Moonfare weiß, warum Investoren vorsichtig sind. Sie hat mehr als 3 Milliarden Euro von 4500 privaten Anlegern eingesammelt. „Sicher gibt es Start-ups, wo die Profitabilität einfach länger dauert – sei es, weil es einen Regulationsprozess zu durchlaufen gibt. Oder, weil ein neues, innovatives Produkt gebaut werden soll“, sagt Margareta McConnell, Leiterin der DACH-Region, gegenüber „Liberal“. Aber es stehe nicht mehr so viel Kapital zur Verfügung, und es sei bereits viel investiert worden. „Es gibt gerade einen gewaltigen Switch von Wachstum zu Profitabilität. Exits sind gewünscht, weil es nicht mehr so einfach ist, an Kapital zu kommen“, so McConnell. In der vergangenen Null-Zins-Phase hätten völlig andere Bedingungen für die Private-Equity-Branche geherrscht, zudem hätten einige Venture Capital Fonds Hunderte von Investitionen in Start-ups getätigt und seien nicht jedes Mal so tief in die Materie eingestiegen, um den Zweck der Unternehmung zu durchdringen.
Bei Lilium und Volocopter hat sich zwischenzeitlich die Situation entspannt, die beiden Unternehmen konnten zusätzliches Kapital finden. Bei Lilium ist laut Tageszeitung „Die Welt“ der amerikanische Hedgefonds Yorkville Advisors eingesprungen, während öffentliche Kreditbürgschaften noch geprüft werden. Bei Volocopter sind Bayern und Baden-Württemberg mit staatlichen Garantien abgesprungen. Die bestehenden Anteilseigner mussten aufstocken.
Matthias Lauerer ist Reporter, Autor, Redakteur, Chefredakteur und Redaktionsmanager und schreibt für namhafte Zeitungen und Zeitschriften.
Matthias Lauerer ist Reporter, Autor, Redakteur, Chefredakteur und Redaktionsmanager und schreibt für namhafte Zeitungen und Zeitschriften.
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