EDITORIAL
Karl-Heinz Paqué, Herausgeber und Vorsitzender des Vorstands der Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit
Liebe Leserinnen und Leser,
Unsere Nation – gespalten zwischen Stadt und Land? Der Eindruck drängt sich auf, wenn man alleine die Diskussionen über die Modernisierung unserer Verkehrsinfrastruktur verfolgt. Auf der einen Seite steht eine junge, vor allem urbane und globalisierte Generation, die nach Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs ruft. Auf der anderen Seite wäre für eine ländliche und eher ältere Bevölkerung ein Leben in der Fläche ohne Auto undenkbar.
Es ist aber eine politische Aufgabe, beide Perspektiven zusammenzuführen. Dies gilt übrigens weltweit, aber es gilt für Deutschland in besonderem Maße, da unsere Geschichte tief geprägt ist von der Wirtschaftskraft und Lebensqualität ländlicher – und nicht nur städtischer – Räume. Der Schwerpunkt dieses Hefts von Liberal widmet sich dieser fundamentalen Herausforderung.
Dabei zeigt sich ein differenziertes Bild: Wenn wir die Chancen der Digitalisierung und die Technologien klimagerechter Mobilität nutzen, dann muss es keine Verlierer im Strukturwandel geben. Der Meinung bin nicht nur ich in meinem einleitenden Beitrag, sondern auch Dirk Assmann in seinem Essay mit dem programmatischen Titel „Land in Sicht“. Die entscheidende Frage ist, wo die Bürgerinnen und Bürger leben wollen – und was sie dort brauchen. Eine Quelle demokratisch legitimierter Politik ist eben auch, welche konkreten Ergebnisse Politik erzielt.
Wolfram Eilenberger betont in seinem Essay: 2023 ist nicht 1923. Die Krisen von vor hundert Jahren sind mit denen von heute einfach nicht vergleichbar. Indes, die Lehren aus diesen Krisen bleiben: finanzpolitische Solidität, stabile Staatsfinanzen und eine Wirtschaftspolitik, die nicht auf Schulden aufbaut. Eine Antwort wird sicher nicht in der Rückabwicklung der Globalisierung liegen. Genauso wenig hilft staatlich gelenkte und subventionierte Wirtschaftspolitik weiter. So anstrengend das sogenannte Inflationsreduktionsgesetz der USA für die Europäer auch sein mag, darin liegt auch eine Chance. Der Binnenmarkt mit seinen rund 400 Millionen Europäern kann durch die weitere Vertiefung, den Abbau von Handelshemmnissen und die Ausweitung von Freihandelsabkommen zu einem internationalen Vorbild werden.
Die sicherheitspolitische Lage in Europa ist nach dem russischen Angriffskrieg weiterhin sehr angespannt. Die territoriale Integrität des Westens und seine Lebens- und Werteordnung werden von Russland und China bedroht. Für Burkhard Meißner, Direktor des German Institute for Defence and Strategic Studies (GIDS), ist klar, dass es einer kalkulierbaren Erhöhung der Militärausgaben und politischer Berechenbarkeit bedarf, damit sich Europa glaubwürdig verteidigen kann. Europa muss sich als globaler Akteur verstehen und positionieren – das ist die große Herausforderung, die über die zukünftige Weichenstellung des Staatenbundes entscheiden wird.
Inmitten von Krisen und dem fürchterlichen russischen Angriffskrieg auf die Ukraine dürfen wir unseren politischen Kompass nicht verlieren.
EDITORIAL
Karl-Heinz Paqué, Herausgeber und Vorsitzender des Vorstands der Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit
Liebe Leserinnen und Leser,
Unsere Nation – gespalten zwischen Stadt und Land? Der Eindruck drängt sich auf, wenn man alleine die Diskussionen über die Modernisierung unserer Verkehrsinfrastruktur verfolgt. Auf der einen Seite steht eine junge, vor allem urbane und globalisierte Generation, die nach Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs ruft. Auf der anderen Seite wäre für eine ländliche und eher ältere Bevölkerung ein Leben in der Fläche ohne Auto undenkbar.
Es ist aber eine politische Aufgabe, beide Perspektiven zusammenzuführen. Dies gilt übrigens weltweit, aber es gilt für Deutschland in besonderem Maße, da unsere Geschichte tief geprägt ist von der Wirtschaftskraft und Lebensqualität ländlicher – und nicht nur städtischer – Räume. Der Schwerpunkt dieses Hefts von Liberal widmet sich dieser fundamentalen Herausforderung.
Dabei zeigt sich ein differenziertes Bild: Wenn wir die Chancen der Digitalisierung und die Technologien klimagerechter Mobilität nutzen, dann muss es keine Verlierer im Strukturwandel geben. Der Meinung bin nicht nur ich in meinem einleitenden Beitrag, sondern auch Dirk Assmann in seinem Essay mit dem programmatischen Titel „Land in Sicht“. Die entscheidende Frage ist, wo die Bürgerinnen und Bürger leben wollen – und was sie dort brauchen. Eine Quelle demokratisch legitimierter Politik ist eben auch, welche konkreten Ergebnisse Politik erzielt.
Wolfram Eilenberger betont in seinem Essay: 2023 ist nicht 1923. Die Krisen von vor hundert Jahren sind mit denen von heute einfach nicht vergleichbar. Indes, die Lehren aus diesen Krisen bleiben: finanzpolitische Solidität, stabile Staatsfinanzen und eine Wirtschaftspolitik, die nicht auf Schulden aufbaut. Eine Antwort wird sicher nicht in der Rückabwicklung der Globalisierung liegen. Genauso wenig hilft staatlich gelenkte und subventionierte Wirtschaftspolitik weiter. So anstrengend das sogenannte Inflationsreduktionsgesetz der USA für die Europäer auch sein mag, darin liegt auch eine Chance. Der Binnenmarkt mit seinen rund 400 Millionen Europäern kann durch die weitere Vertiefung, den Abbau von Handelshemmnissen und die Ausweitung von Freihandelsabkommen zu einem internationalen Vorbild werden.
Die sicherheitspolitische Lage in Europa ist nach dem russischen Angriffskrieg weiterhin sehr angespannt. Die territoriale Integrität des Westens und seine Lebens- und Werteordnung werden von Russland und China bedroht. Für Burkhard Meißner, Direktor des German Institute for Defence and Strategic Studies (GIDS), ist klar, dass es einer kalkulierbaren Erhöhung der Militärausgaben und politischer Berechenbarkeit bedarf, damit sich Europa glaubwürdig verteidigen kann. Europa muss sich als globaler Akteur verstehen und positionieren – das ist die große Herausforderung, die über die zukünftige Weichenstellung des Staatenbundes entscheiden wird.
Inmitten von Krisen und dem fürchterlichen russischen Angriffskrieg auf die Ukraine dürfen wir unseren politischen Kompass nicht verlieren.