Kompass

Die Wahrheit enthüllen

Die Journalistin Liubou Kaspiarovich wünscht sich Hilfe für Exil-Medien aus Belarus. In ihrem Land gebe es keinen selbstbestimmten Journalismus mehr.

TEXT: PETER CICHON UND KAREN HORN

Kompass

Die Wahrheit enthüllen

Die Journalistin Liubou Kaspiarovich wünscht sich Hilfe für Exil-Medien aus Belarus. In ihrem Land gebe es keinen selbstbestimmten Journalismus mehr.

TEXT: PETER CICHON UND KAREN HORN

Liubou Kaspiarovich

In Belarus gibt es keinen selbstbestimmten Journalismus mehr. Nur aus dem Exil ist es für Redakteure und Blogger derzeit noch möglich, sauber recherchierte Beiträge zur Information und Aufklärung der Öffentlichkeit zu liefern, in der Hoffnung, dass das Land eines Tages doch noch zu Demokratie und Rechtstaatlichkeit findet. Das ist der ernüchternde Befund der Journalistin Liubou Kaspiarovich. Seit 2016 hatte sie für das unabhängige Onlinenachrichtenportal TUT.BY gearbeitet, eines der größten Medien von Belarus, bis es im Mai 2021 verboten wurde. Zu ihren Themen gehörten Bildung und Sozialpolitik, doch im Zuge der Unruhen wurde sie zur Gerichtsreporterin – ein zunehmend gefährliches Feld.

Dass sie täglich couragiert über die Ereignisse berichtet hat, ist für sie bis heute schlicht journalistisches Handwerk: „Wir gingen einfach unserer Arbeit nach, indem wir die Wahrheit über die Geschehnisse enthüllten. Sehr oft jedoch ging es dabei um Folterungen, um die Verletzung von Gesetzen gerade durch Vertreter des Staates.“ Kaspiarovich wünscht sich eine tatkräftige westliche Hilfe für die Vertreter der unabhängigen Medien aus Belarus. Viele Redaktionen könnten sehr wohl auch aus dem Exil arbeiten, aber dafür bräuchten die Mitarbeitenden eben ein Aufnahmeland und dort eine Arbeitserlaubnis. Ebenfalls bedürfe es finanzieller Unterstützung. Denn während sich viele unabhängige Medien in der Vergangenheit durch Werbung aus Belarus finanziert hätten, sei ihnen diese Einnahmequelle jetzt verschlossen.

„Zudem bedürfen die einzelnen Journalisten, die ein Jahr lang unter schwerem Stress gelebt haben und nun ihres früheren Lebens, ihrer Kommunikationskreise und ihrer Wohnungen beraubt sind, als Personen dringend psychologischer Unterstützung“, appelliert Kaspiarovich, die heute als Exilantin in Deutschland lebt. „Auch berufliche Weiterbildung und Stipendienprogramme könnten ihnen helfen, wieder auf die Beine zu kommen und ihre Arbeit fortzusetzen“, erklärt sie im Gespräch mit „freiheit.org“. Nach einem der Prozesse, über die Kaspiarovich in Belarus berichtete, hatten sie Unbekannte in Zivil festgenommen. Es waren Vertreter der Strafverfolgungsbehörden. Die Journalistin musste 15 Tage im berüchtigten Gefängnis in der Okrestina-Straße verbringen – in einer Zelle für zwei Personen, in der schon 13 andere Frauen saßen, bis in stalinistischer Manier noch eine Obdachlose hinzugefügt wurde, um Wanzen und Flöhe auf die anderen zu übertragen. Wer sich heute innerhalb der Landesgrenzen von Belarus noch immer um eine objektive Berichterstattung bemühe, sagt Kaspiarovich, dem drohe im schlimmsten Fall noch mehr: ein langer Freiheitsentzug.

In Belarus gibt es keinen selbstbestimmten Journalismus mehr. Nur aus dem Exil ist es für Redakteure und Blogger derzeit noch möglich, sauber recherchierte Beiträge zur Information und Aufklärung der Öffentlichkeit zu liefern, in der Hoffnung, dass das Land eines Tages doch noch zu Demokratie und Rechtstaatlichkeit findet. Das ist der ernüchternde Befund der Journalistin Liubou Kaspiarovich. Seit 2016 hatte sie für das unabhängige Onlinenachrichtenportal TUT.BY gearbeitet, eines der größten Medien von Belarus, bis es im Mai 2021 verboten wurde. Zu ihren Themen gehörten Bildung und Sozialpolitik, doch im Zuge der Unruhen wurde sie zur Gerichtsreporterin – ein zunehmend gefährliches Feld.

Liubou Kaspiarovich

Dass sie täglich couragiert über die Ereignisse berichtet hat, ist für sie bis heute schlicht journalistisches Handwerk: „Wir gingen einfach unserer Arbeit nach, indem wir die Wahrheit über die Geschehnisse enthüllten. Sehr oft jedoch ging es dabei um Folterungen, um die Verletzung von Gesetzen gerade durch Vertreter des Staates.“ Kaspiarovich wünscht sich eine tatkräftige westliche Hilfe für die Vertreter der unabhängigen Medien aus Belarus. Viele Redaktionen könnten sehr wohl auch aus dem Exil arbeiten, aber dafür bräuchten die Mitarbeitenden eben ein Aufnahmeland und dort eine Arbeitserlaubnis. Ebenfalls bedürfe es finanzieller Unterstützung. Denn während sich viele unabhängige Medien in der Vergangenheit durch Werbung aus Belarus finanziert hätten, sei ihnen diese Einnahmequelle jetzt verschlossen.

„Zudem bedürfen die einzelnen Journalisten, die ein Jahr lang unter schwerem Stress gelebt haben und nun ihres früheren Lebens, ihrer Kommunikationskreise und ihrer Wohnungen beraubt sind, als Personen dringend psychologischer Unterstützung“, appelliert Kaspiarovich, die heute als Exilantin in Deutschland lebt. „Auch berufliche Weiterbildung und Stipendienprogramme könnten ihnen helfen, wieder auf die Beine zu kommen und ihre Arbeit fortzusetzen“, erklärt sie im Gespräch mit „freiheit.org“. Nach einem der Prozesse, über die Kaspiarovich in Belarus berichtete, hatten sie Unbekannte in Zivil festgenommen. Es waren Vertreter der Strafverfolgungsbehörden. Die Journalistin musste 15 Tage im berüchtigten Gefängnis in der Okrestina-Straße verbringen – in einer Zelle für zwei Personen, in der schon 13 andere Frauen saßen, bis in stalinistischer Manier noch eine Obdachlose hinzugefügt wurde, um Wanzen und Flöhe auf die anderen zu übertragen. Wer sich heute innerhalb der Landesgrenzen von Belarus noch immer um eine objektive Berichterstattung bemühe, sagt Kaspiarovich, dem drohe im schlimmsten Fall noch mehr: ein langer Freiheitsentzug.

BUZZWORD

Cringe

Das Wort „fremdschämen“ hat wie viele Silben? Mehr als „Cringe“. Daran liegt es aber nicht, dass Cringe immer öfter verwendet wird. Eher am Resonanzraum: Fremdschämen kann man sich für eine Person, die etwas Unangenehmes macht. Oder einen Social Media Post. Dafür reicht nun Cringe, das sich aber schwer übersetzen lässt. Klassische Medien sprechen von dem „neuen Wort“ der Jugendsprache. Giga.de versucht seinen Nutzenden den Erfolg mit „Internet-Slang“ zu erklären. Okay, Boomer.

Frau im gelben Hemd fasst sich genervt an den Kopf und verdreht die Augen

WILDWUCHS

Smartphone vor Facebookhintergrund

Wir sind uns dessen bewusst, dass einige Leute Probleme beim Zugriff auf unsere Apps und Produkte haben. Wir arbeiten daran, die Dinge so schnell wie möglich wieder in den Griff zu bekommen, und entschuldigen uns für die Un-annehmlichkeiten.

Illustration: animiertes Buch

KONZENTRAT

Euphorie

spürt man in „Große Erwartungen“ von Geert Mak kaum noch – 20 Jahre nach seinem ersten Werk zur europäischen Integration zieht der liberale Europäer eine pessimistische Bilanz.

Geert MAK, NED, Schriftsteller, am 20.10.2016 Frankfurter Buchmesse 2016

DURCHBLICK

Kommt jetzt der digitale Euro?

Computermauskabel formt ein Eurosymbol auf blauen Hintergrund

In über 80 Ländern arbeiten Zentralbanken derzeit an digitalen Versionen ihrer Währung. Anders als bei Kryptowährungen wie Bitcoin wird dieses digitale Zentralbankgeld nicht von Privaten entwickelt, sondern von staatlichen Stellen. Die Europäische Zentralbank hat im Juli angekündigt, die Rahmenbedingungen und Chancen für einen digitalen Euro zu untersuchen. In den nächsten zwei Jahren wird es darum gehen, wie ein digitaler Euro aussehen könnte und wie er den Weg in die elektronischen Geldbörsen fände. Vielen Menschen ist dabei besonders wichtig, dass dieser digitale Euro die gleiche Anonymität wie Bargeld gewährleistet und er Bargeld nur ergänzt, aber nicht ersetzt.

STAFFELEI

Die Ausstellung der Ausstellungen

Die „documenta“ gilt als die weltweit bedeutendste Schau zeitgenössischer Kunst. Seit 1955 hat sie quasi allen großen Kunstströmungen wie etwa dem Expressionismus, Kubismus, Blauer Reiter, Futurismus oder Pittura Metafisica eine Bühne gegeben. In ihrer 15. Ausgabe spielen Diversität, Nachhaltigkeit und Partizipation eine zentrale Rolle. Kuratiert wird die „documenta fifteen“ vom indonesischen Kunstkollektiv ruangrupa. Die Namen der ausstellenden Künstlerinnen und Künstler wurden exklusiv in der Straßenzeitung „Asphalt“ aus Hannover veröffentlicht. Die „documenta fifteen“ findet vom 18. Juni bis 25. September 2022 in Kassel statt.

Markus Söder, CSU-Parteitag

MARKUS SÖDER

„Ich hab’ die Woche lange mit Armin Laschet gesprochen, wir sind wieder gut.“

Markus Söder, CSU-Parteitag
Statue of Confucius

KONFUZIUS

„Glatte Worte und schmeichelnde Mienen vereinen sich selten mit einem anständigen Charakter.“

PULSGEBER

Panoramablick auf den berühmten Superkilen Park in Kopenhagen, Dänemark

Aussicht auf Smart City

Notruf-App, elektronische Gesundheitskarte, ID-Wallet: Die Liste der verkorksten Digitalprojekte der letzten Bundesregierung(en) ist lang. So bleibt es einmal mehr privaten Unternehmen überlassen, den Bürger mit digitalen Lösungen einen Pfad durch den deutschen Bürokratiedschungel zu weisen. Den jüngsten Beleg dafür liefert der von der Telekom entwickelte „Citykey“. Die App fasst Bürgerservices wie die Beantragung von Anwohnerparkausweisen, Terminvereinbarungen beim Bürgeramt oder das Melden von Straßenschäden in einer Anwendung zusammen. Doch nicht nur die Bürger profitieren. „Auch für Städte und Kommunen liegt der Nutzen auf der Hand. Sie digitalisieren ihre Verwaltung schnell und kostengünstig“, heißt es vonseiten der Telekom. Der Haken: Die Städte und Kommunen müssen bereit sein, den Schritt zur Smart City aktiv zu gestalten. Bisher nutzen nur die nordrhein-westfälischen Städte Siegburg und Hennef die App.

GEGEN DEN STROM

Fahrradfahrer auf Straße mit Blick auf Arc de Triomphe, Paris, Frankreich

Bloß nicht digital

Paris, der Ursprungsort des globalen Klimaabkommens, hat schon lange mit Luftverschmutzung zu kämpfen. Immer wieder mussten drastische Maßnahmen gegen den Smog ergriffen werden. Durch gesperrte Straßen, Tempolimits und weniger Parkplätze will die sozialistische Bürgermeisterin nun Herrin der Lage werden. Moderne und digitale Mobilitätskonzepte? Fehlanzeige. Dabei war Autofahren in Paris schon davor kein Vergnügen, und auch die Zahl der Radfahrenden hat sich bereits deutlich erhöht. Innenstädte bleiben aber nur dann attraktiv, wenn sie komfortabel erreichbar sind. Insbesondere digitale Mobilitätsdienste und eine dynamische Mehrfachnutzung von Räumen böten hier große Chancen. Diese bleiben in Paris aber bislang aus.

Ein Angebot der

Kurz notiert

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