URBANISIERUNG
Damit Stadtbewohner die Backofen-Temperaturen künftiger Sommer aushalten, müssen Planer von heißen Ländern lernen, Grünflächen schaffen und „smarte Bäume“ bauen. Das hilft auch gegen Überschwemmung und sieht gut aus.
TEXT: DIRK ASSMANN
URBANISIERUNG
Damit Stadtbewohner die Backofen-Temperaturen künftiger Sommer aushalten, müssen Planer von heißen Ländern lernen, Grünflächen schaffen und „smarte Bäume“ bauen. Das hilft auch gegen Überschwemmung und sieht gut aus.
TEXT: DIRK ASSMANN
Wer in der Stadt wohnt, lebt am Puls der Zeit. Hier gibt es Berufsperspektiven, kulturelle Angebote, Freizeitbeschäftigungen und Gesundheitsversorgung. Dass das urbane Leben allerdings nicht nur positive Seiten hat, wird spätestens im Hochsommer klar. Wer wie diesen Juni, Juli und August bei bis zu 35 Grad Celsius am Schreibtisch schwitzen musste, kommt ins Grübeln, ob die Vorteile der Städte wirklich ihre Nachteile aufwiegen. Hitzewellen sind in den dortigen Steinwüsten meistens besonders heftig, und einmal aufgeheizt, brauchen Städte lange, um sich wieder abzukühlen. Das liegt insbesondere am Effekt der sogenannten Hitzeinseln: Der hohe Grad der Bodenversiegelung verhindert, dass Wasser verdampfen und das Umfeld kühlen kann. Zugleich erhitzen sich die im Bau benutzten Materialien besonders stark. Somit wird auch über Nacht die Hitze in den Städten gespeichert. Das ist eine physikalische Gesetzmäßigkeit, aber es lässt sich durchaus etwas dagegen tun – durch kommunale Entscheidungsträger, Städteplaner und die Bevölkerung.
Eine Möglichkeit besteht darin, Grünflächen einzurichten. Grünflächen -sind das wohl wirksamste Mittel gegen städtische Hitze. Durch die Verdunstungskühle, die in ihnen entsteht, erzeugen sie eine spürbare Temperaturreduktion für umliegende Stadtteile. Zudem bieten sie den Menschen Platz für Erholung sowie Lebensraum für Tiere und Insekten. Doch sie lassen sich nur begrenzt ausdehnen, denn urbane Flächen sind umkämpft – ganz besonders bei Wohnraummangel. Darum sollte man zunächst die schon bestehenden Grünflächen aufwerten. Eine Mischung aus Wiesen, Sträuchern, Schatten spendenden Bäumen und Wasserflächen hat einen deutlich größeren Effekt auf das urbane Mikroklima als eine großräumige monotone Rasenfläche. Selbst einzelne Bäume auf öffentlichen Plätzen oder entlang von Verkehrswegen sind nützlich: Sie bieten Schatten, verbessern die Luft, schützen vor Lärm und senken die Umgebungstemperatur um bis zu 7 Grad.
Begrünte Dächer kühlen
Mit Dach- und Fassadenbegrünungen lassen sich auch bei begrenztem Platzangebot in der Stadt zusätzliche Grünflächen – egal ob horizontal oder vertikal – schaffen und Hitzequellen reduzieren. Insbesondere die herkömmlichen Bitumendächer können im Sommer Temperaturen von bis zu 80 Grad erreichen und damit auch die direkte Umgebung deutlich aufheizen. Auf begrünten Dächern hingegen betragen die Maximaltemperaturen gerade einmal 30 Grad. Des Weiteren haben Dach- und Fassadenbegrünungen nicht nur einen kühlenden Effekt nach außen, sondern auch nach innen, ins Gebäude hinein. Fassadenbegrünungen reinigen außerdem nicht nur die Luft, sondern sind auch aus ästhetischer Sicht ein echter Mehrwert für die Stadt.
Es lohnt sich ein Blick in andere Länder, wo sich die Menschen im Sommer schon immer auf hohe Temperaturen einstellen mussten. Für das geläufige Bild griechischer Städte, in denen alle Häuser aus Stein bestehen und weiß gestrichen sind, gibt es nicht nur einen ästhetischen, sondern auch einen ganz pragmatischen Grund: Durch die weiße Farbe wird das Sonnenlicht besser reflektiert, die Häuser heizen sich also weniger stark auf. Überhaupt üben die verwendeten Materialien einen zentralen Einfluss auf die Hitzeentwicklung in Städten aus. Materialien wie Holz und Naturstein erwärmen sich weit weniger als konventionelle Baustoffe. Und weil helle Farben deutlich weniger Wärme aufnehmen können als dunkle, wären hellere Straßenbeläge eine hilfreiche Idee. Auch die Flächenversiegelung in der Stadt lässt sich verringern. Gehwege und Parkplätze können mit Rasengittersteinen, Fugenpflastern oder wasserdurchlässigem Beton teilentsiegelt werden.
Es gilt erst einmal lokal zu handeln – allen voran in den Städten.
Der Wald in der Stadt: „Citytrees“ – hier in Berlin – sorgen für saubere Luft.
Neben all diesen Möglichkeiten haben Start-ups noch eine Reihe innovativer Ideen zur Absenkung urbaner Temperaturspitzen im Hochsommer entwickelt. Beim „Citytree“ zum Beispiel handelt es sich um einen Holzturm, der Moosflächen und Ventilatoren enthält und mit Sensoren auf das Umfeld reagiert. Dieser smarte „Baum“ ist in der Lage, die Umgebungstemperatur um bis zu 4 Grad zu senken. Zudem besitzt er die luftreinigende Wirkung von 275 natürlichen Bäumen. Auch Sonnensegel können die extreme Hitze auf großen Plätzen in der Stadt lindern. Gleichzeitig sind solche Installationen eine optische Attraktion. Und Nebelduschen bieten bei akuten Hitzewellen den Menschen die Möglichkeit zur raschen Abkühlung.
All dies sind Instrumente einer umsichtigen, intelligenten Stadtplanung. Die Herausforderungen des Klimawandels machen diese in Zukunft noch wichtiger. Zwar muss wirksamer Klimaschutz global gedacht und politisch vereinbart werden. Nur mit einem in aller Welt abgestimmten Handeln wird es möglich sein, die schädlichen Auswirkungen der Klimaerwärmung einzudämmen. Akut gilt es jedoch immer erst einmal lokal zu handeln – allen voran in den Städten, wo die Menschen am stärksten unter den Auswirkungen des Klimawandels leiden.
Aus Regenschauern werden Starkregen
Neben heftigen Hitzeperioden werden aller Voraussicht nach auch Starkregenereignisse in der Zukunft deutlich zunehmen. Das hat bereits die Hochwasserkatastrophe in Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen im vergangenen Jahr vor Augen geführt. Nach vorne schauend, besteht die gute Nachricht darin, dass es im Hitze- und Hochwasserschutz wertvolle Synergien gibt. Denn die meisten Hitze reduzierenden Maßnahmen wirken auch vorbeugend gegen die Konsequenzen von Starkregenereignissen. Zum Beispiel kühlen Dach- und Fassadenbegrünungen nicht nur die Umgebungsluft, sondern sie nehmen auch Wasser auf und entlasten damit die Kanalisation.
Das Ziel bei alledem muss sein, die urbane Infrastruktur klima- und damit zukunftsfit zu machen. Es gilt, ein liberales Umfeld zu schaffen, in dem innovative Ideen sprießen, die mithelfen können, dass Städte attraktive, lebenswerte Orte bleiben – auch wieder in der nächsten Hitzewelle. Denn auch wenn jetzt erst einmal Herbst und Winter kommen, es wird auch wieder Sommer. Bestimmt!
Dirk Assmann ist am Liberalen Institut der Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit als Referent für den Bereich Innovationsräume und Urbanisierung verantwortlich.
Dirk Assmann ist am Liberalen Institut der Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit als Referent für den Bereich Innovationsräume und Urbanisierung verantwortlich.
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