Kolumne SLS
Wenn es um Russland geht, bleibt Deutschland viel zu lange den fatalistischen Denkmustern der Vergangenheit verhaftet. Wir brauchen Realismus – für die Freiheit der Ukraine und Europas.
Sabine Leutheusser-Schnarrenberger ist Bundesjustizministerin a. D. und stellvertretende Vorsitzende der Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit.
Kolumne SLS
Wenn es um Russland geht, bleibt Deutschland viel zu lange den fatalistischen Denkmustern der Vergangenheit verhaftet. Wir brauchen Realismus – für die Freiheit der Ukraine und Europas.
Sabine Leutheusser-Schnarrenberger ist Bundesjustizministerin a. D. und stellvertretende Vorsitzende der Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit.
Die deutsche Außenpolitik wird seit einem Jahrzehnt von der Annahme beherrscht, dass die Ukraine einen Krieg gegen Russlands mächtige Militärmaschinerie nicht gewinnen kann. Als russische Einheiten am 20. Februar 2014 die Krim angriffen, stand die Bundesregierung unter Schock. Schnell brachte sie Sanktionen gegen einzelne Personen und Institutionen auf den Weg. Auch die Ukraine sollte unterstützt werden – durch Flüchtlingshilfe und Entwicklungszusammenarbeit. Im Gegensatz zu anderen Staaten lehnte Deutschland Waffenlieferungen zunächst kategorisch ab. Zu groß war die Angst, dass Russland zu einem großflächigen Angriff provoziert und die Ukraine vernichtend geschlagen würde.
Diese Einschätzung erwies sich als grundfalsch und hatte gravierende Konsequenzen. Weder ließ sich Wladimir Putin von der Invasion am 24. Februar 2022 abhalten, noch ist die Ukraine anschließend untergegangen. Das war vor allem der langjährigen militärischen Unterstützung der Vereinigten Staaten zu verdanken, ohne die es heute keine freie Ukraine mehr geben würde. Deutschlands Beitrag war zu Beginn des Krieges dagegen marginal.
Anstatt aus diesen Fehlern zu lernen, bleiben Teile der Bundesregierung in den gleichen fatalistischen Denkmustern gefangen. Kurz vor der Invasion bat die Ukraine verzweifelt um Waffen. Sie erhielt ein paar Tausend Schutzhelme. Denn: Putin sollte nicht provoziert werden. Als seine Truppen dennoch in die Ukraine einmarschierten, waren viele Entscheidungsträger einmal mehr davon überzeugt, dass die ukrainischen Streitkräfte dem Angriff nicht lange würden standhalten können. Umso größer war die Überraschung, als diese nicht nur die Hauptstadt Kiew erfolgreich verteidigten, sondern mit beschränkten Mitteln Territorium zurückeroberten.
Vielleicht wäre es sogar gelungen, die russischen Truppen bis hinter die Grenze zurückzudrängen, wenn die Ukraine schneller mit dem notwendigen Material ausgestattet worden wäre. Doch bei jedem Waffensystem, das einen Unterschied hätte machen können, hat Deutschland zu lange gezögert und anschließend zu wenig geliefert – von Leopard-Panzern bis Taurus-Raketen. Erneut war die Angst zu groß, dass Putin provoziert werden könnte. Die vom Bundeskanzler ausgegebene Formel „Russland darf nicht gewinnen und die Ukraine nicht verlieren“ spiegelte diese Zurückhaltung und fehlende Zuversicht wider.
Und tatsächlich befindet sich die ukrainische Armee heute in einer schwierigen Lage. Es mangelt an allem, insbesondere an Munition und Personal. Doch war die Gesamtsituation vor zwei Jahren nicht ungleich dramatischer? Leisten die ukrainischen Streitkräfte nicht weiterhin Beachtliches?
Putin setzt mit allen Mitteln auf eine Destabilisierung der Unterstützerstaaten. Und er wird bis zu den Wahlen in den Vereinigten Staaten seinen zerstörerischen Angriffskrieg unter Verletzung jeglicher internationaler Regeln fortsetzen. Denn er hofft auf Trump und die Schwächung der NATO sowie der Europäischen Union.
Enttäuschen wir ihn und zögern nicht. Wir sollten aus den vergangenen Fehlern lernen und endlich die fatalistischen Denkmuster durchbrechen. Nur wenn wir und unsere europäischen Partner der Ukraine alles verfügbare militärische Material zukommen lassen, wird diese ihre Freiheit verteidigen können.
Sabine Leutheusser-Schnarrenberger ist stellvertretende Vorsitzende des Vorstands der Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit.
Sabine Leutheusser-Schnarrenberger ist stellvertretende Vorsitzende des Vorstands der Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit.
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Marie-Agnes Strack-Zimmermann, Vorsitzende des Verteidigungsausschusses des Bundestags, spricht über das Verhältnis zwischen Deutschland und Frankreich und die Frage, was Europa und die NATO tun müssen, wenn die Unterstützung der USA womöglich bald schwindet.
Migration wird zunehmend politisch instrumentalisiert. In der neuen Blockbildung zwischen Ost und West organisieren Russland und Weißrussland den Transport von Migranten aus Nahost, Irak und Afghanistan, um die EU politisch zu destabilisieren. Vor allem die nordischen und die baltischen Staaten sind von dieser Strategie betroffen