So geht Aufschwung
Wenn die Rahmenbedingungen endlich stimmen, kann Deutschland seine Innovationsfähigkeit und Veränderungslust voll entfalten, glaubt Christopher Patrick Peterka. Der Unternehmer und Futurist sieht große Chancen für mehr Kreativität und Fortschritt.
Interview: Michael Hirz
So geht Aufschwung
Wenn die Rahmenbedingungen endlich stimmen, kann Deutschland seine Innovationsfähigkeit und Veränderungslust voll entfalten, glaubt Christopher Patrick Peterka. Der Unternehmer und Futurist sieht große Chancen für mehr Kreativität und Fortschritt.
Interview: Michael Hirz
Der große französische Ethnologe Claude Lévi-Strauss unterscheidet – grob gesagt– zwischen „heißen“, also veränderungsbereiten und „kalten“, also starren und unbeweglichen Gesellschaften. In welcher Kategorie spielt Deutschland heute?
Gewissermaßen in beiden. Einerseits gibt es einen leidenschaftlichen Ruf nach Veränderung und Modernisierung, vor allem bei jungen Menschen und Start-ups. Andererseits stoßen diese Bestrebungen auf Widerstand in Teilen der Regierung und Verwaltung, die Wandel oft als Bedrohung sehen. Dieses Spannungsfeld zeigt die Notwendigkeit, die Dynamik und Kreativität der Bürger zu fördern, indem institutionelle Barrieren abgebaut werden.
Hat der Erfolg Deutschland satt und träge gemacht?
Nein, die Vorstellung, dass Deutschlands kreative Köpfe träge geworden seien, ist verfehlt. Der Rückgang der Patentanmeldungen liegt nicht an mangelnder Kreativität, sondern an der Frustration über bürokratische Hürden und Risikoaversion. Beispiele aus den USA und China zeigen, dass Mut und Investitionen in neue Technologien zu bedeutenden Fortschritten führen können. Deutschland muss lernen, Risiken als Notwendigkeiten zu sehen und den Wandel aktiv zu fördern.
Woher rührt die große Skepsis gegenüber neuen Technologien in Deutschland?
Sie ist das Ergebnis eines systemischen Fehlers: Es fehlt an einer überzeugenden Vision und an klaren Zielen. Estland zeigt, wie Digitalisierung Bürgerdienste verbessern und Vertrauen schaffen kann. Deutschland muss eine visionäre Führung und eine nutzerfreundliche digitale Infrastruktur entwickeln, um die Akzeptanz neuer Technologien zu steigern.
Welche Rolle spielt der demografische Wandel bei der Skepsis gegenüber Veränderungen?
Der demografische Wandel wird oft missverstanden. Ältere Menschen sind nicht per se technik- und innovationsavers. Sie wünschen für sich und für zukünftige Generationen Verbesserungen. Beispiele aus Israel und anderen Ländern zeigen, dass Digitalisierung alle Altersgruppen einbeziehen kann. Wandel ist der Weg zur Modernisierung und muss als solcher genutzt werden.
Was können wir von anderen bei der Zukunftsgestaltung lernen?
Zum Beispiel, dass Geschwindigkeit vor Perfektion gehen sollte. In den USA und China wird auf schnelle Umsetzung gesetzt, was zu raschen technologischen und gesellschaftlichen Fortschritten führt. Oder die emotionale Ansprache: Neuseeland zeigt, wie emotionale Intelligenz in der Führung Vertrauen schafft. Und schließlich mehr Kooperation: Die nordischen Länder demonstrieren erfolgreiche regionale Kooperationen. Deutschland muss bereit sein, alte Systeme einzumotten und neu zu denken.
Welche Rolle sollte der Staat überhaupt dabei einnehmen?
Der Staat muss Bürokratie abbauen und Freiraum für Innovation schaffen. Digitale Verwaltung, klare Staatsziele und Investitionen in Bildung und Gesundheit sind entscheidend. Beispiele wie Singapur und die nordischen Länder zeigen, dass solche Ansätze erfolgreich sind. Der Staat muss es als seine Pflicht verstehen, Innovationen zu fördern und gemeinsame Werte zu verteidigen.
Der befürchtete Niedergang ist nicht unabwendbar. Mit den richtigen Maßnahmen und der nötigen Veränderungsbereitschaft kann Deutschland seine Innovationskraft entfesseln und eine positive Zukunft gestalten.
Michael Hirz ist Journalist und Moderator. Von 2008 bis 2018 leitete er den Politiksender Phoenix. Heute schreibt er als Autor für verschiedene Zeitungen und Magazine.
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