Im Kontext
Robert Lighthizer will hohe Zölle statt Freihandel. Europa muss gegenhalten.
Text: Karl-Heinz Paqué
Robert Lighthizer:
„No Trade is Free. Changing Course, Taking on China, and Helping America's Workers“
Broadside Books, New York (2023)
Im Kontext
Robert Lighthizer will hohe Zölle statt Freihandel. Europa muss gegenhalten.
Text: Karl-Heinz Paqué
Robert Lighthizer:
„No Trade is Free. Changing Course, Taking on China, and Helping America's Workers“
Broadside Books, New York (2023)
Dieses Buch hat nicht irgendwer geschrieben. Sein Verfasser, der 77-jährige Robert Lighthizer, war in der Präsidentschaft Trump I (2017–2021) United States Trade Representative (USTR) und schon in den 1980er-Jahren unter Ronald Reagan stellvertretender USTR. Er hat unter Reagan Selbstbeschränkungsabkommen mit Japan ausgehandelt; und unter Trump die Umwandlung der North Atlantic Free Trade Area (NAFTA) zwischen den USA, Mexiko und Kanada in das – moderat protektionistischere – USMCA-Abkommen. Hinzu kamen Zölle gegen China und Europa.
Lighthizer ist im wahrsten Sinne des Wortes ein alter Handels-Hase. Und er wird dem Vernehmen nach wohl auch wieder der Handelsbeauftragte für die Regierung Trump II. Es lohnt deshalb, einen Blick in sein Buch zu werfen, das er 2023 veröffentlichte. Es ist fachkundig und flott geschrieben; auf 320 Textseiten breitet er sein Weltbild der amerikanischen Handelspolitik aus. Und dieses Bild ist tief protektionistisch, geprägt von eigener Anschauung aus seiner Heimat Ohio im industriellen Herzland der USA, wo er aufwuchs und das er als arrivierter Jurist der Ostküste immer wieder besuchte. Und was er da sah, war die Deindustrialisierung Amerikas. Die führte er auf den internationalen Handel zurück, der Produktionsstätten und Arbeitsplätze nach Mexiko, Europa und China vertrieb.
Für Lighthizer hat der Freihandel zwei üble Folgen: Die Industrie wandert ab, das Defizit in der Handelsbilanz wächst. Doch diese Diagnose ist zu einfach.
Seine Diagnose ist natürlich viel zu einfach. In der Wissenschaft wird eher die Rationalisierung durch technischen Fortschritt für die Arbeitsplatzverluste Amerikas verantwortlich gemacht. Aber das interessiert Lighthizer nicht. Er sieht zwei Grundübel als Folgen des Freihandels: Erstens kostet er massiv Arbeitsplätze im verarbeitenden Gewerbe („manufacturing“) und führt zur Deindustrialisierung der USA. Und zweitens sorgt er für ein großes, wachsendes Defizit in der Handelsbilanz des Landes. So fällt durch den Kapitalzustrom, der das Defizit finanziert, die amerikanische Wirtschaft in ausländische, vor allem chinesische Hände. Um beide Trends umzukehren, braucht es hohe Zölle – so Lighthizer.
Auch hier liegt Lighthizer in der Wirkungsanalyse falsch – oder zumindest: schief. Zölle – allein eingeführt – lenken Nachfrage von ausländischen auf inländische Produkte; sie werten damit die Währung auf, was inländische Güter auf dem Weltmarkt verteuert. Bestenfalls gibt es einen Struktureffekt: Einem erhöhten Absatz der Autoindustrie von Michigan stehen weniger Exporte von Computern aus Kalifornien gegenüber. Genauso nutzlos sind Zölle deshalb auch als Mittel zur Senkung eines Defizits in der Handelsbilanz. Da hilft nur, die inländische Nachfrage zurückzufahren: Haushaltsausgleich des Staates und weniger Konsum der privaten Verbraucher, was die Amerikaner nicht schätzen. Entsprechend wirkungslos war ja schon der protektionistische Kurs unter Trump I: Zwischen 2017 und 2021 nahm das Defizit kräftig zu, trotz massivem „China Bashing“ mit Zöllen und Ersetzen von NAFTA durch USMCA.
All dies ficht Lighthizer nicht an. Zusammen mit Trump wird er versuchen, einen scharf protektionistischen Kurs zu fahren. Nur mit Härte und Professionalität wird die EU dem amerikanischen Verhandlungsprofi entgegentreten können. Es brechen schwierige Zeiten an. Wolfgang Ischinger hat recht: „Wir müssen uns warm anziehen.“
Sabine Leutheusser-Schnarrenberger
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