MARKTPLATZ
Es gibt kaum ein Land des Westens, in dem derzeit keine Forderungen nach einer „Übergewinnsteuer“ zu hören sind. Es ist eine populistische, nicht zu Ende gedachte Idee.
TEXT: KAREN HORN
MARKTPLATZ
Es gibt kaum ein Land des Westens, in dem derzeit keine Forderungen nach einer „Übergewinnsteuer“ zu hören sind. Es ist eine populistische, nicht zu Ende gedachte Idee.
TEXT: KAREN HORN
Der italienische Fiskus erhebt neuerdings eine Sondersteuer speziell auf die Wertschöpfung von Energieunternehmen. Sie ist eine Verwandte der Übergewinnsteuer. In der aktuellen Situation kriegsbedingt stark steigender Energiepreise soll sie die „Windfall profits“ der Anbieter abschöpfen. Schon mit der Begrifflichkeit beginnen die Schwierigkeiten. Was, bitte, soll ein Übergewinn sein? Über was? Wie hoch muss ein Gewinn sein, um nicht mehr als angemessen zu gelten? Wollen wir das im Ernst politisch entscheiden? Die italienische Regierung orientiert sich am Vorjahreszeitraum. Schon dass sie einen unveränderten Geschäftsverlauf als Norm vorgibt, obwohl sich die Bedingungen dramatisch verändert haben, ist heikel. Damit verbindet sich die Grundvermutung, dass höhere Gewinne nicht unternehmerischem Geschick, sondern bloß unverdientem Glück zu verdanken sind. Wo genau der Vergleichszeitraum angesetzt wird, hat zudem selten sachgemäßen Einfluss auf die Höhe der Besteuerung. Die Steuer ist rückwirkend, und der Grundsatz der Gleichbehandlung wird aufgegeben. All das ist nicht gut.
Dabei ist dem Grundgedanken durchaus etwas abzugewinnen, diejenigen Unternehmen, die es sich leisten können, an den erhöhten Kosten einer Politik zu beteiligen, die der Sicherung der Freiheit nicht nur in der Ukraine, sondern im gesamten demokratischen Westen dient. Das ist legitim, und in der Vergangenheit war derlei in Kriegszeiten auch durchaus üblich. Aber dafür wäre heute gar kein neues Instrument erforderlich, denn diese Mitverantwortung mobilisiert bereits das bestehende System mit der Körperschaft- und Gewerbesteuer sowie der – zumal progressiven – Einkommensteuer.
Gerade jene Unternehmen fiskalisch zu bedrängen, die helfen können, eine schwere Krise zu bestehen, wäre wenig klug.
Gerade jene Unternehmen fiskalisch zu bedrängen, die helfen können, eine schwere Krise zu bestehen, wäre wenig klug.
Mario Draghi lässt die Erträge aus der Zusatzsteuer direkt in Umverteilung münden. Das ist geschickt und populistisch. Die Übergewinnsteuer bedient die Empörung darüber, dass es einigen Unternehmen gut geht, während andere – nicht zuletzt die Verbraucherinnen und Verbraucher – in Nöte geraten. Dabei gerät aus dem Blick, dass das Ergebnis der Energieunternehmen nur vorübergehend hoch sein dürfte, weil sich nicht nur steigende Energiepreise auf dem Weltmarkt eingestellt haben, sondern nun auch laufend die Kosten wachsen. Zudem wird die ordnungspolitische Erkenntnis vergessen, welche Funktion Gewinne in einer Marktwirtschaft ausüben: Sie sind ein motivierender Anreiz. Wo sich viel verdienen lässt, wird auch viel gearbeitet, wird investiert, werden neue Marktchancen aufgedeckt und finden Innovationen statt. Gerade jene Unternehmen fiskalisch zu bedrängen, die helfen können, eine schwere Krise zu bestehen, wäre wenig klug. Man stelle sich einmal das Signal vor, das der Fiskus ausgesandt hätte, wenn er in der Pandemie die Gewinne von BioNTech per Zusatzsteuer abgeschöpft hätte. Keine gute Idee.
Karen Horn lehrt ökonomische Ideen-geschichte und Wirtschaftsjournalismus an der Universität Erfurt. Zudem ist sie Chefredakteurin der Fachzeitschrift „Perspektiven der Wirtschaftspolitik“ (PWP).
Karen Horn lehrt ökonomische Ideen-geschichte und Wirtschaftsjournalismus an der Universität Erfurt. Zudem ist sie Chefredakteurin der Fachzeitschrift „Perspektiven der Wirtschaftspolitik“ (PWP).
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