Patrick Bahners ist im Hauptberuf ein bekannter Journalist der „FAZ“. Was ihn motiviert hat, noch ein Buch über die AfD zu schreiben, erklärt er gleich zum Auftakt seines Buches „Die Wiederkehr“: Der Nationalismus, der in der alten Bundesrepublik kaum noch vorhanden war und auch nach der Wiedervereinigung nicht sofort aufblitzte, ist zurück in der deutschen Politik. Vordergründig in Gestalt der AfD, aber, wie Bahners zu zeigen versucht, auch im demokratischen politischen Spek-trum. Horst Seehofers Wort von der „Herrschaft des Unrechts“, gesprochen auf dem Höhepunkt der Flüchtlingskrise 2015, ist dabei nicht der einzige Beleg für Bahners' These.
In einem breiten Bogen spannt der Autor die (vorwiegend) politikwissenschaftliche Diskussion auf. Fast schon beiläufig werden dabei empirische Erkenntnisse und Ereignisse verwoben. Eine richtige Analyse allerdings wird sein Befund, dass der Nationalismus in Deutschland zurück sei, nicht. Ganz anders sieht es in den Kapiteln aus, in denen sich Bahners mit der AfD beschäftigt. Hier werden kenntnis- und detailreich Linien der parteipolitischen Entwicklung nachgezogen, etwa am Beispiel des früheren Bundeswehroffiziers Joachim Wundrak, der heute für die AfD im Bundestag sitzt. Hans-Olaf Henkel, Bernd Lucke und Frauke Petry werden dagegen eher als zufällige Akteure beschrieben, denn: „Die nationale Revolution frisst ihre Kinder.“ Nur: Politik wird von Menschen gestaltet und von Mehrheiten. Das Ringen der nationalkonservativen Kräfte mit denen, die eine verfassungsfeindliche Gesinnung haben, begleitet die AfD seit ihrer Gründung.
Verfassungsschutzchef Thomas Haldenwang wird nicht müde, darauf hinzuweisen, „dass Rechtsextremisten wie Björn Höcke einen starken Einfluss auf die Partei bekommen haben“. Bahners muss gar nicht lang im Programm der AfD suchen, um diese Aussage belegen zu können. Bereits 2016, also kurz nachdem Bernd Lucke aus der AfD ausgetreten war, findet sich das „Junktim von Zuwanderungspolitik und Familienförderung mit dem impliziten eugenischen Ziel einer Qualitätssteigerung des Bevölkerungsstatus“. Alexander Gauland ist ein eigenes Kapitel gewidmet. Aus heutiger Sicht mag das nachvollziehbar sein, aber die Gründerjahre der AfD waren mehr als ein Missverständnis. Die Henkels, Luckes und Petrys der AfD hatten laviert und paktiert – und zwar mit den Kräften in der Partei, die unserer Demokratie skeptisch bis feindlich gegenüberstehen. Gaulands „Bruch mit dem Anstand“ ist bekannt und oft analysiert. Ein großer Erkenntnisgewinn mag sich beim Leser dabei nicht einstellen.
Patrick Bahners: Die Wiederkehr. Die AfD und der neue deutsche Nationalismus.
Klett-Cotta Verlag, Stuttgart 2023. 544 Seiten. 28,00 EUR
Dafür entschädigt der fulminante Mittelteil, der die ideengeschichtliche und historische Verortung des neuen Nationalismus in Gestalt der AfD ausgiebig behandelt. Und dann der Schluss, der der Russland-Verbindung der AfD gewidmet ist: Ein dickes Bündel „idealer Motive, ökonomischer Interessen und politischer Absichten“, nennt es Bahners und zeigt auf den letzten Seiten, wie luzide eine Analyse zur Lage der AfD sein kann. Genau genommen, darauf legt der Autor Wert, ist dies eine Analyse zum Zustand unserer Demokratie.