Kolumne PQ

Importierte Inflation

TEXT: KARL-HEINZ PAQUÉ
ILLUSTRATION: PETER JAMES FIELD / AGENCYCRUSH.COM

Illustration: Karl-Heinz Paqué

Kolumne PQ

Importierte Inflation

Illustration: Karl-Heinz Paqué

TEXT: KARL-HEINZ PAQUÉ
ILLUSTRATION: PETER JAMES FIELD / AGENCYCRUSH.COM

Die Nachricht war spektakulär: Die Großhandelspreise lagen im September 2021 um 13,2 Prozent höher als vor einem Jahr. Das war der schärfste Anstieg, den es in Deutschland seit Juni 1974 gegeben hat. Damals steckte die Nation inmitten der Ölpreiskrise, die zwischen 1973 und 1975 die Welt veränderte und in eine „Stagflation“ schickte, also eine massive Inflation bei Wachstumsschwäche und zunehmender Arbeitslosigkeit. Kein Wunder also, dass derzeit die Alarmglocken läuten, zumal auch die Konsumentenpreise mit 4,1 Prozent im Vorjahresvergleich kräftig anzogen.

Stehen wir wieder vor einer „Stagflation“? Die vorsichtige Antwort: wahrscheinlich nicht. Vieles spricht dafür, dass der Preissprung von 2020 auf 2021 doch eher eine einmalige Niveauanpassung ist, letztlich bedingt durch die Nachwirkungen der Pandemie. So gut wie alle Volkswirtschaften der westlichen Welt laufen wieder an, befeuert durch staatliche Ausgabenprogramme, während auf der Angebotsseite der weltwirtschaftlichen Lieferketten Engpässe entstehen: Es mangelt an Heizöl und Kraftstoffen, Baumaterial, Computerchips. Hinzu kommen überlastete Kapazitäten im Transportgewerbe. Und schließlich verursacht die Pandemie in einigen asiatischen Entwicklungs- und Schwellenländern noch immer großflächige temporäre Stopps der Produktionsanlagen. All dies sollte sich – zum Teil auch als Folge der Preiswelle – mittelfristig von selbst korrigieren, auf dem Weg zur Normalität der Post-Corona-Ära, ähnlich wie früher nach Kriegen oder sonstigen Katastrophen.

Das ist allerdings nicht die ganze Wahrheit. Vor allem im Energiebereich deutet sich ein grundlegender und dauerhafter Wandel an. So sind Investitionen in die Kohle- und Ölförderung zuletzt drastisch zurückgegangen – teils aufgrund einer langen Phase niedriger Rohstoffpreise und Preiserwartungen, teils aufgrund der globalen politischen Weichenstellungen in Richtung erneuerbarer Energien. Weniger Investitionen bedeuten aber kurz- und mittelfristig weniger Förderung, und zwar von Kohle, Öl und Gas, das typischerweise als Nebenprodukt der Ölförderung anfällt. Der scharfe Anstieg der Preise für fossile Brennstoffe ist also auch das erste Wetterleuchten der Welt erneuerbarer Energien, deren Angebot einstweilen noch weit entfernt davon ist, die volle Leistungslast der fossilen Brennstoffe übernehmen zu können. Auf lange Sicht mag dies anders werden, aber der Übergang ist schwierig.

Jedenfalls ist die Vorstellung eines friktionslosen Strukturwandels ohne Rückwirkung auf unseren Lebensstandard irrig. Dies gilt umso mehr, je irrationaler die Politik reagiert – etwa durch einen Rückfall in den Protektionismus, der Lieferketten zerstört. Das Gegenteil ist geboten: Die Politik muss alles tun, um Angebotsengpässe abzubauen, national durch schnelle Digitalisierung und Abbau von Bürokratie, global durch mehr freien Handel.

Karl-Heinz Paqué ist Vorsitzender des Vorstands der Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit.

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