Marktplatz

Köpfchen statt Faust

Karen Horn

Ordnungspolitik und Ordnungsrecht werden oft in einen Topf geworfen. Wie die Klimapolitik zeigt, ist das eine aber das Gegenteil des anderen. Das sollte auch die künftige Bundesregierung wissen.

TEXT: KAREN HORN

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Köpfchen statt Faust

Karen Horn

Ordnungspolitik und Ordnungsrecht werden oft in einen Topf geworfen. Wie die Klimapolitik zeigt, ist das eine aber das Gegenteil des anderen. Das sollte auch die künftige Bundesregierung wissen.

TEXT: KAREN HORN

Robert Habeck sorgte in einer Talkrunde einmal für eine intellektuelle Schrecksekunde, als er sagte, Ordnungspolitik sei Gleichheit. Er warb für ein Verbot von Inlandsflügen, das immerhin, so könnte man ihn auslegen, den Gerechtigkeitsvorteil habe, dass es alle Menschen gleich treffe. Schon allein das wäre freilich ein wenig unpräzise. Denn ein solches Verbot träfe nur Inlandsflieger und nicht etwa Bahnfahrer, und das schließlich in voller ökologischer Absicht. Aber ganz richtig, ein solches Verbot diskriminierte tatsächlich nicht per se, sondern wäre eine allgemeine Regel. Der nachweisliche Fehler, der Habeck unterlief, ist jedoch die in der öffentlichen Debatte durchaus gängige Verwechslung von Ordnungspolitik und Ordnungsrecht.

Was der Co-Parteivorsitzende der Grünen meinte, war das althergebrachte „Polizey“- und Ordnungsrecht: das Instrument gesetzlicher Verbote und Gebote. Das Ordnungsrecht sauber von der Ordnungspolitik zu unterscheiden, ist nicht nur sprachpuristische Pingelei; es ist vielmehr politisch von größter Bedeutung. Wenn im politischen Denken das eine mit dem anderen verschwimmt, bleibt von der Ordnungspolitik nicht viel übrig. Konzeptionell ist Ordnungspolitik wesentlich ehrgeiziger und breiter gefasst als das Ordnungsrecht.

Konzeptionell ist die Ordnungspolitik wesentlich ehrgeiziger und breiter gefasst als das Ordnungsrecht.

Konzeptionell ist die Ordnungs-
politik wesentlich ehrgeiziger
und breiter gefasst als das Ordnungs-
recht.

Vor allem aber ist der feinsinnige Geist der marktwirtschaftlichen Ordnungspolitik, geprägt von den historischen Denkern der Freiburger Schule um den Ökonomen Walter Eucken, das ziemlich genaue Gegenteil dessen, was das Ordnungsrecht ausmacht. Wo das altbackene Ordnungsrecht einfach mal mit der Faust auf den Tisch schlägt, setzt eine moderne Ordnungspolitik Köpfchen ein. Ordnungspolitik bedeutet, einen hinreichend klug gestalteten Gesamtrahmen für das wirtschaftliche Handeln in der Gesellschaft zu setzen, dass der Staat im Folgenden das grobschlächtige Instrument der Verbote und Gebote nicht mehr braucht.

Ordnungspolitik für das Klima setzt auf den CO2-Preis, ein genialer ökonomischer Kniff, um die sonst ausgeblendeten sozialen Kosten des Einsatzes einer knappen Ressource dem Nutzer in Rechnung zu stellen. Wo immer dieser Preis sich einpendelt, ist er, ähnlich wie ein Verbot, keine diskriminierende, sondern eine allgemeine Orientierungsgröße. Und ähnlich wie ein Verbot trifft seine Höhe einige Menschen härter als andere. Doch anders als ein Verbot ist die Steuerung über den Preis effizient, und sie macht eine Kompensation plausibel: Die Einnahmen aus einer CO2-Abgabe können an die Bürger zurückgelenkt und Ungerechtigkeiten ausgeglichen werden. Klug, oder? So ist Ordnungspolitik.

Karen Horn lehrt ökonomische Ideengeschichte und Wirtschaftsjournalismus an der Universität Erfurt. Zudem ist sie Chefredakteurin der ökonomischen Fachzeitschrift „Perspektiven der Wirtschaftspolitik“ („PWP“).

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