Karl-Heinz Paqué

Karl-Heinz Paqué, Herausgeber und Vorsitzender des Vorstands der Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit.

EDITORIAL

Wegweisende
Wahlen

EDITORIAL

Wegweisende Wahlen

Karl-Heinz Paqué

Karl-Heinz Paqué, Herausgeber und Vorsitzender des Vorstands der Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit.

Liebe Leserinnen und Leser,

Zum ersten Mal haben FDP und SPD zusammen mit den Grünen eine Bundesregierung gebildet. Der Koalitionsvertrag verspricht einen Aufbruch, und dies aus der Mitte unseres Landes. Klimaschutz und Wirtschaftswachstum werden endlich nicht mehr als Gegensätze wahrgenommen. Sie werden stattdessen gemeinsam gedacht: zukunftsweisende Klimapolitik nicht über Verzicht durch „De-Growth“, sondern durch Innovation und technologischen Fortschritt. Das ist ein großer Schritt nach vorne. Mit dem Rückenwind der neuen Regierung kann Deutschland endlich seine Rolle als Wachstumsmotor für Europa wieder ausfüllen. Wir greifen das Thema in diesem Heft von Liberal auf –
im Wirtschaftsteil.

Im Mittelpunkt des Heftes steht aber Europa, genauer: das deutsch-französische Tandem. In Frankreich stehen entscheidende Wahlen erst bevor. Im April wird dort der Staatspräsident neu gewählt, genau zu jener Zeit, in der das Land die Ratspräsidentschaft in der EU innehat. Die Wahl ist von gewaltiger Bedeutung, denn die Krisen in Europa nehmen überhand: In Polen und Ungarn werden Freiheit und Rechtsstaat ausgehöhlt. Der Ukraine-Konflikt schwelt. Putins Russland scheut sich nicht, die militärischen Muskeln spielen zu lassen – ein überaus bedrohliches Szenario. Die Migrationskrise an der polnisch-weißrussischen Grenze bleibt ungelöst. Und auf dem Balkan gibt es Rückfälle in den Ungeist der Neunzigerjahre. Umso mehr kommt es auf unseren wichtigsten Partner Frankreich an. 

Der derzeitige Staatspräsident Emmanuel Macron, der sich politisch zur republikanisch-liberalen Familie Europas bekennt, ist ein brennender Europäer. In seiner berühmten Sorbonne-Rede skizzierte er 2017 das Bild einer EU, die demokratischer und geeinter ist –
daran ließe sich anknüpfen. Auch gerade die deutsch-französische Freundschaft ist für Macron mehr als nur ein Lippenbekenntnis. Die konkurrierenden Kandidaten von rechts hingegen übertrumpfen sich in nationalistischen Forderungen. Die „Grande Nation“ soll endlich wieder ihre angestammte Stellung im weltpolitischen Machtgefüge einnehmen.

Nie dürfen wir vergessen: Ohne Frankreich hätte es keinen europäischen Binnenmarkt und kein supranationales politisches System gegeben. Dabei hat Frankreich natürlich auch stets zu den Begünstigten der europäischen Wirtschaftspolitik gehört; und ohne seine Partner könnte das Land sicherheitspolitisch wenig bewirken. Ein Bruch mit dem europäischen Geist wäre in jeder Hinsicht fatal, für die Französinnen und Franzosen ebenso wie für alle anderen Bürger Europas.

In der neuen Liberal widmen wir dem deutsch-französischen Tandem und der Zukunft Europas deshalb einen Schwerpunkt. Luc André lotet die Chancen für eine verstärkte Kooperation zwischen Deutschland und Frankreich aus. Wolfram Eilenberger beschwört das gemeinsame philosophische Erbe und träumt von „Frallemagne“. Cécile Calla horcht in die Gleichberechtigungsdiskurse in den beiden Nachbarländern hinein. Daniela Schwarzer erklärt, warum die europäische Zusammenarbeit in sicherheitspolitischen Fragen so wichtig ist. 

Vor der Wahl ist also nach der Wahl. Zu hoffen ist, dass Emmanuel Macron unser französischer Partner bleibt. Bonne lecture!

Ein Angebot der

Editorial

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