MUT ZUM AUFBRUCH
Bei der Energie läuft uns vor der kalten Jahreszeit die Zeit davon. Wir brauchen sofort eine Lösung – und die darf Atomkraft nicht ausschließen.
TEXT: LUKAS KÖHLER
ILLUSTRATIONEN: ANDREA UCINI
MUT ZUM AUFBRUCH
Bei der Energie läuft uns vor der kalten Jahreszeit die Zeit davon. Wir brauchen sofort eine Lösung – und die darf Atomkraft nicht ausschließen.
TEXT: LUKAS KÖHLER
ILLUSTRATIONEN: ANDREA UCINI
Seit Monaten wird uns die Bedeutung der Energieversorgung vor Augen geführt. Weil Russland das Gas als Waffe in einem Wirtschaftskrieg einsetzt, sorgen sich viele Menschen und Unternehmen vor dem Winter. Der Stillstand des halben französischen Atomparks lässt Stromengpässe im Winter befürchten, die Industrie zittert vor dem nächsten Shutdown. Diese Krise ist ein Schock für Deutschland. Sie ist von Putin heraufbeschworen, aber auch das Ergebnis einer verfehlten Energie- und Energieaußenpolitik.
Mehr Sparksamkeit
Bis zur Heizsaison sind es nur noch wenige Wochen. LNG-Terminals und Lieferungen aus den USA, Norwegen und den Niederlanden werden das russische Gas teilweise ersetzen können. Es wird niemand richtig heftig frieren müssen, aber unser Wohlstand hängt an der Industrie, und die braucht Gas. Deshalb sollten alle Gas sparen, wo es geht. Wir setzen dabei auf Einsicht – und die hohen Preise sind ohnehin ein Anreiz, den Verbrauch zu senken.
Um sicher durch den Winter zu kommen, ist Deutschland auf die Solidarität seiner Partner angewiesen. Die EU-Staaten wollen freiwillig 15 Prozent weniger Gas verbrauchen. Doch auch wir müssen uns solidarisch zeigen. So könnten die deutschen Atomkraftwerke einen wertvollen Beitrag zur Versorgungssicherheit leisten – auch für Frankreich. Niemand in Europa hätte Verständnis, wenn Deutschland mitten in der Energiekrise drei Kraftwerke abschalten würde. Angesichts der hohen Strompreise wäre es ohnehin falsch, das Angebot künstlich zu verknappen. Statt die drei Kernkraftwerke lediglich in eine Reserve zu überführen, sollten sie bis 2024 weiterlaufen. Wenn nötig, auch mit neuen Brennstäben. Sicher, die Zukunft gehört den Erneuerbaren, aber kurzfristig können wir auf die Kernenergie nicht verzichten.
Der Weg in die Abhängigkeit von Russland war eine energiepolitische Geisterfahrt der CDU-geführten Bundesregierungen. Aber der Blick zurück hilft nicht weiter. Wir müssen jetzt die Zukunft gestalten – eine klimaneutrale Volkswirtschaft, die auf erneuerbaren Energien beruht. Schon mit dem Osterpaket hat die Ampel Impulse dafür gesetzt. So werden die EEG-Umlage abgeschafft und die EEG-Förderung zeitlich begrenzt. Wir haben Speicher als eigenständige Säule im Energiesystem definiert. Es ist aber noch mehr zu tun. Wir brauchen mehr Digitalisierung; der Energiemarkt muss umgebaut werden. Derzeit baut das Bundesfinanzministerium unter Christian Lindner steuerliche und bürokratische Hürden für Solarenergie ab.
Markt und Klimaneutralität
Wenn die Energiewende marktgetrieben vorangehen soll, müssen sich alle Bestandteile des Energiesystems am Markt finanzieren können. Das erörtert derzeit die Ampel in der Plattform „Klimaneutrales Stromsystem“. Die Verschärfung des Emissionshandels (ETS) und die Schaffung eines ETS-2 für weitere Sektoren sind Schritte hin zu einem einheitlichen, sektorübergreifenden Handelssystem, für das wir Freie Demokraten schon lange kämpfen. Das Ergebnis muss ein wettbewerblicher, förderfreier, technologieoffener Energiemarkt sein, der uns in die Klimaneutralität führt und zugleich dafür sorgt, dass niemand unseren Energiebedarf als Waffe verwenden kann.
Lukas Köhler ist seit 2017 Mitglied des Deutschen Bundestags.
Der studierte Philosoph stammt aus München und ist heute stellvertretender Vorsitzender der FDP-Fraktion.
Lukas Köhler ist seit 2017 Mitglied des Deutschen Bundestags. Der studierte Philosoph stammt aus München und ist heute stellvertretender Vorsitzender der FDP-Fraktion.
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