ZUKUNFTSBAUER
Die Berliner Zukunftsforscherin Aileen Moeck über ihre Bildungsinitiative für Lehrkräfte, die Macht der guten Gedanken und wie Menschen mit dem „Hoffnungsmotor“ ihr Leben gestalten können.
INTERVIEW: KIRA BRÜCK
ZUKUNFTSBAUER
Die Berliner Zukunftsforscherin Aileen Moeck über ihre Bildungsinitiative für Lehrkräfte, die Macht der guten Gedanken und wie Menschen mit dem „Hoffnungsmotor“ ihr Leben gestalten können.
INTERVIEW: KIRA BRÜCK
Aileen Moeck, 31 Jahre, ist Gründerin der gemeinnützigen Bildungsinitiative„Die Zukunftsbauer“. Sie hat Betriebswirtschaftslehre und Zukunftsforschung an der FU Berlin studiert und u. a. für KMPG und Zalando gearbeitet. Sie lebt in Berlin.
Frau Moeck, Sie haben einen Abschluss in „Zukunftsforschung“. Schauen Sie da in die Glaskugel?
Die Glaskugel ist etwas, was der Trendforschung anhaftet, weil man da versucht, anhand von Daten und Mustern Entwicklungen für die Zukunft zu skizzieren. Die Zukunfts- wissenschaft hingegen ist eine Diszi- plin, die sich damit beschäftigt, wo wir uns im menschengemachten Zeitalter befinden. Um dann die Frage zu stel- len, wie wir Einfluss nehmen können.
Sie haben die Bildungsinitiative „Die Zukunftsbauer“ gegründet. Worum geht es da?
Wir bereiten für Lehrerkräfte und Schulklassen Gratismaterialien auf, die den Themen Zukunft, Trend, Wandel und Arbeitswelt gewidmet sind. Das Hauptelement ist die „Zukunftsreise“: ein Unterrichtskonzept in acht Einheiten für Jugendliche. Schulen verwenden es im Rahmen der Berufsorientierung. Während dieser „Reise“ werden die Schüler und Schülerinnen ermutigt, Visionen zu entwickeln, und sie erarbeiten mit einem Design-Fiction-Ansatz Berufe der Zukunft. Das sind Mini-Utopien, die zeigen, wie die Welt aussehen könnte.
Können Erwachsene diese „Reise“ auch antreten, selbst wenn sie schon einen Beruf haben?
Selbstverständlich. Eine Frage, die viele Menschen umtreibt, ist ja: Warum bin ich eigentlich hier? Da hilft es, sich einmal zu fragen, was die Welt braucht. Was kann ich mit meinem Berufsfeld oder meinem Ehrenamt dazu beitragen? Die Übung dazu heißt: aus der Zukunft heraus ins Heute denken. Erschaffen Sie eine Vision, wie Sie sich die Welt von morgen vorstellen. Dann gehen Sie rückwärts: Welche Mission müsste gestartet, welche Organisation gegründet werden, damit wir da hinkommen? Und womit könnten Sie heute beginnen?
Positiv in die Zukunft zu blicken, fällt angesichts von Corona, Klimawandel und anderen Krisen vielen Menschen schwer.
Heute prasseln ständig Nachrichten auf uns ein. Gefühlt befinden wir uns deshalb dauerhaft im Krisenmodus, unser Kopf kommt nicht hinter- her. Und die Berichterstattung ist auf das Negative fokussiert. Wir brauchen positive Bilder, um Hoffnung zu schöpfen. Eine Übung auch hierzu: Stellen Sie sich vor, wie Ihr Wohnort in 20 Jahren aussehen könnte. Skizzieren Sie das – und dann arbeiten Sie darauf hin. Und beschäftigen Sie sich mehr mit guten Nachrichten.
Sie beschwören die Macht der guten Gedanken?
Gewissermaßen. Ein Beispiel: Im Jahr 2000 wurde die deutsche Familie Wallert von einer terroristischen Gruppe in Gefangenschaft genommen. Die Eltern wurden rasch freigelassen, der Sohn erst später. Marc Wallert hat beschrieben, was ihn am Leben hielt: Er hat visualisiert, wie es für ihn sein wird, wenn er seine Familie wieder in die Arme nehmen kann. Dieses positive Szenario hat er in seinem Kopf erschaffen. Das ist ein starkes Instrument, um in schweren Zeiten unseren inneren Hoffnungsmotor anzutreiben.
Kira Brück ist freie Journalistin. Sie schreibt über Wirtschafts-, Kultur- und Gesellschaftsthemen, unter anderem für „Spiegel Online“ und für „Die Welt“. Sie lebt in Berlin.