Fundstück
Albert O. Hirschman: A life fully lived, ein Vorbild als Kämpfer, Denker und Anreger. Lesen wir ihn! Gerade heute.
Text: Thomas Ilka
Fundstück
Albert O. Hirschman: A life fully lived, ein Vorbild als Kämpfer, Denker und Anreger. Lesen wir ihn! Gerade heute.
Text: Thomas Ilka
Das vorliegende Fundstück ist nicht eigentlich das abgedruckte Zitat, vielmehr das Leben dessen Autors: gelebt für Freiheit, Wissensdurst und Mut. Geboren 1915 im Berlin des Deutschen Kaiserreichs als Otto-Albert Hirschmann, gestorben 2012 unweit New Yorks als Albert O. Hirschman. Zwischen dem Verlust eines Buchstabens im Nachnamen und dem gedrehten Vornamen liegen die ganze Tragik und Vitalität des 20. Jahrhunderts. Drei Staatsbürgerschaften, mehrere Fluchten, Kriegsdienst, Wissenschaft und Wirken wie Wirkung als „Public Intellectual“. Noch vor der materiellen und rechtlichen Entmenschlichung der jüdischen Familie Hirschmann durch die Nazis flieht Otto-Albert am Abend der Beerdigung seines Vaters im April 1933 nach Frankreich.
Er studiert in Paris und London, wird in Triest promoviert, kämpft im Spanischen Bürgerkrieg, wo er seine Illusionen über linken Totalitarismus verliert. In Marseille ist er die rechte Hand Varian Frys, der mehr als 2000 Künstlerinnen und Künstlern zur Flucht vor Hitler verhalf. Von dort entkommt Hirschmann selbst Ende 1940 in die USA. Er passt seinen Namen an, heiratet, wird Vater und nimmt 1943–1945 als Soldat der US-Armee in Nordafrika und Italien an der Befreiung Europas teil.
Auf eine glänzende Nachkriegskarriere als Mitarbeiter internationaler Institutionen wie OECD und Weltbank folgt seine akademische Hoch-Zeit in Yale, Harvard und bis zum Schluss in Princeton. 1970 legt er den schmalen Band „Exit, Voice, and Loyalty“ vor, bis heute, nicht nur in der Ökonomie, ein Werk mit Klassikerstatus. Der Titel bezeichnet in knappstmöglicher Verdichtung die Optionen von Menschen auf Märkten, in Organisationen und Staaten: Abwandern, widersprechen oder durchhalten. 1992 analysiert Hirschman mit seiner Formel den Untergang der DDR. Er findet, typisch für Zeitlosigkeit und Originalität seines Denkens, Bestätigung und ganz neue Interpretationen zugleich. Immer noch eine mitreißende Lektüre, gerade heute.
Text: Albert O. Hirschman
„In Polen, in der Tschechoslowakei und in Ungarn wurden monumentale Schlachten gegen die kommunistische Herrschaft gekämpft, von der 1956er Revolution in Budapest bis zum Prager Frühling von 1968 und dem machtvollen Aufkommen der Solidarität in Polen im Jahr 1980. Wenn diese Bewegungen gewaltsam unterdrückt wurden, entstanden prompt neue Formen des Widerstands beziehungsweise der Opposition, es wuchsen immer neue Spielräume für die „bürgerliche Gesellschaft“ oder das „unabhängige Leben der Gesellschaft“ heran, wie Vaclav Havel es genannt hat. In der DDR hingegen war die einzige bedeutende Manifestation der Unzufriedenheit der frühe und prompt niedergeschlagene Aufstand der Arbeiter Berlins am 16.–17. Juni 1953. Danach waren Widerstand und Opposition minimal, im Gegensatz zu den fortwährend praktizierten Versuchen der Abwanderung – das heißt natürlich, bis zur machtvollen Bewegung von 1989.“
Albert O. Hirschman, „Selbstbefragung und Erkenntnis“, Carl Hanser Verlag 1996, Original: „A Propensity to Self-Subversion“, Harvard University Press 1995
Text: Albert O. Hirschman
„In Polen, in der Tschechoslowakei und in Ungarn wurden monumentale Schlachten gegen die kommunistische Herrschaft gekämpft, von der 1956er Revolution in Budapest bis zum Prager Frühling von 1968 und dem machtvollen Aufkommen der Solidarität in Polen im Jahr 1980. Wenn diese Bewegungen gewaltsam unterdrückt wurden, entstanden prompt neue Formen des Widerstands beziehungsweise der Opposition, es wuchsen immer neue Spielräume für die „bürgerliche Gesellschaft“ oder das „unabhängige Leben der Gesellschaft“ heran, wie Vaclav Havel es genannt hat. In der DDR hingegen war die einzige bedeutende Manifestation der Unzufriedenheit der frühe und prompt niedergeschlagene Aufstand der Arbeiter Berlins am 16.–17. Juni 1953. Danach waren Widerstand und Opposition minimal, im Gegensatz zu den fortwährend praktizierten Versuchen der Abwanderung – das heißt natürlich, bis zur machtvollen Bewegung von 1989.“
Albert O. Hirschman, „Selbstbefragung und Erkenntnis“,
Carl Hanser Verlag 1996, Original: „A Propensity to Self-Subversion“, Harvard University Press 1995
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